Butches, Femmes, feminine oder männliche Lesben, Inszenierungen von Geschlechterrollen, Gender, Sex, Queer, Transgender – lange habe ich überlegt, ob ich mich zu diesem ganzen Themenkomplex überhaupt auf diesem Blog äußern soll, schwierig, schwierig, denn nur allzu schnell kochen da die Gemüter hoch. Und da meine Wurzeln mehr im literarischen/künstlerischen Schreiben und Denken liegen, beherrsche ich weder die (Fach) Sprache des wissenschaftlichen Diskurses allzu gut, noch kenne ich mich bis in die feinsten Verästelungen seiner verschiedensten (Gender) Theorien hinein aus – und will es auch nicht. Ich lese und denke in die unterschiedlichsten Richtungen, beobachte meine Umwelt und verarbeite sie gegebenenfalls auf eine künstlerische Art und Weise.

Aber immer wieder werden wir gefragt, warum wir unseren Blog „Feminine Lesbians“ genannt haben, uns wird indirekt (oder auch sehr direkt) vorgeworfen, dass wir dadurch Separatismus (feminin gegen maskulin) betreiben würden, zurück ins Gefängnis des Frauseins drängten (Stöckelschuhe und Schminktäschchen als einzige Interessen), altmodisch seien und noch vor die Zeiten des Feminismus wollen – und außerdem gibt es ja jetzt Queer, und somit sind Geschlechterrollen eh nur konstruiert und somit für jedermann frei wählbar. Nun. Wer unsere Texte ein wenig gelesen hat, wird bemerkt haben, dass wir uns in keinster Weise nur mit „Weiberkram“ befassen oder lediglich gegen etwas sind, sondern uns ernsthaft damit auseinanderzusetzen versuchen, wie es sich als (lesbische Frau) in der Welt lebt und fühlt. Wir bemühen uns an die Fragestellung heranzutasten, welche anderen Optionen es für eine Frau geben kann frei zu sein (was anderes in der Welt zu machen als eine Familie zu gründen und Kinder großzuziehen, sondern Einfluss auszuüben und wohlmöglich den Lauf der Geschichte konstruktiv mitzubestimmen), ohne dabei ihre weibliche Identität aufzugeben, oder sie zumindest verwischen zu müssen. Ist der Griff zur Männlichkeit (also hier das gesellschaftliche Gegengeschlecht), die einzige Möglichkeit um aus der eigenen geschlechtlichen Begrenzung entfliehen zu können? (Und nichts anderes sagt – meinem Eindruck nach -Queer und auch Transgender eigentlich aus, kommst du mit denen an dich gestellten Rollenerwartungen nicht klar, möchtest du als Mann sanft, sinnlich sein, tolle Klamotten tragen – willst du als Frau in der Welt mitmischen, aktiv handeln und endlich bis in den innersten Kern deines Wesens ernst genommen werden, kein Problem, das Gegengeschlecht wartete schon …) Wird da nicht was verwechselt, der Körper mit der Seele, eine Seele darf nur in dem „richtigen“ Körper ausbrechen. Aber ist diese Einstellung nicht von Grund auf eigentlich eine Erzkonservative? Warum kann ich nicht Mann und Frau bleiben und dennoch mich aus meinen Zwängen befreien? Kann ich nicht auch lernen dies als Frau zu tun, ohne Selbsthass, der eine verinnerlichte Form des Minderwertigen allen Weiblichen ist? Ich denke schon.

Persönlich halte ich sowohl Queer als auch Transgender lediglich für nur ein weitere Versuche mit dem ewigen Problem klarzukommen, dass es zwei Geschlechter gibt, die sich sowohl körperlich als auch seelisch unterscheiden und durch die Artenreproduktion und ein Abhängigkeits-Machtgefälle aneinander gekoppelt sind. (Kinderkriegen- und die Frau steht unter dem Mann, zumindest ideologisch, denn man darf nicht einen weiblichen Köper mit dem Frausein/Weiblichkeit verwechseln, denn auch manche Frauen können die „besseren Männer“ sein, z. B., wenn sie in Führungspositionen aufsteigen und sich dann wie die „ganz Harten“ gebärden und anfangen andere Frauen, die „nur“ zu Hause sind und die Kindererziehung übernehmen, missachten und als minderwertig ansehen.) Und auch die „Inszenierungen“ zu Butches oder als männliche Lesben sind sehr oft einfach ein Griff zur Macht, der Macht über Frauen, keine Frau mehr selbst zu sein (wird oft als Zumutung und Erniedrigung empfunden), dem Manne endlich ebenbürtig- und in der höchsten Ausprägung eben dann als Transmann mit schwuler Ausrichtung …

Das letzte Wort ist also noch längst nicht gesprochen, und mein Eindruck ist auch, dass gerade Queer sich in Deutschland zu einer Art Religion, Ideologie und Dogma entwickelt hat. Und auch die Transgender Bewegung, habe mal einen Artikel gelesen (ich glaube es war die FAZ), dass sie erst in Deutschland/in Berlin eine politische Dimension bekommen hat. Ganz anders zu den USA, dort werden viele Dinge und Theorien mehr kreativ und spielerisch angegangen, nicht so ernsthaft und mit tiefer und schwerer Seele wie hier. Nicht so ideologisch verbissen.

„An den deutschen Universitäten, im Bereich Gender-Studies, ist einerseits viel vom US-Amerischen Diskurs aufgegriffen worden, insbesondere die Thesen von Judith Butler, allerdings wurden sie nicht wirklich zum Ausgangpunkt für eine neue politische Praxis oder gar zum Impuls für die Frauenbewegung. Viel mehr als in den USA wird Judith Butler vielmehr als Ikone verehrt, deren (ziemlich schwer zu lesendes) Werk immer wieder neu interpretiert, aktualisiert, verteidigt wird. Gleichzeitig – oder vielleicht auch deswegen – hat der akademische Feminismus in Deutschland fast keine Auswirkungen auf das Alltagsleben von Frauen.“ (Zitat aus dem Text „Third-Wave-Feminismus“, von Antje Schrupp)

So ist auch unser Blog Feminine Lesbians, ein Versuch auf unterschiedlichste Art und Weise sich dem „Geheimnis“ der weiblichen Identität anzunähern, nicht unbedingt streng wissenschaftlich, sondern mehr mit künstlerischen – literarischen Mitteln.
Hier noch ein sehr interessanter Text über die verschiedenen Phasen des Feminismus:

Und: Das versteht übrigens die Pornoindustrie unter „Queer“. (Aber bitte nur anklicken, wenn man gute Nerven hat;))