Erneut etwas Thematisches zur Berliner Homosexualitä_ten Ausstellung, diesmal über das erneute Aufblühen der Frauen- und Lesbenbewegung (nach dem 2ten Weltkrieg) im Zuge der 68er-Revolte… Und ich persönlich bekomme, je älter ich werde, immer mehr das Gefühl für politische und historische Dimensionen, und natürlich auch durch das Internet, da es dort so einfach ist an Informationen und Kontakte zu kommen. Denn eigentlich bin ich ein eher unpolitischer Mensch, eine etwas exzentrische Einzelgängerin, die zwar, durch den Bücherschrank meine Mutter, früh an feministische Literatur gekommen ist, sich aber nie selbst politisch engagiert hat. Ich hatte viel zu sehr Angst, dass sie mich- die in den 80ern doch oft recht dogmatisch agierenden politischen Lesben- nicht akzeptieren, sie mich für meine damalige Ballettleidenschaft fertigmachen würden ect. Was wahrscheinlich auch so gewesen wäre. Allerdings bin ich immer gnadenlos und „leidenschaftlich irre“ meinem Begehren und meinen Gefühlen gefolgt und habe kaum darauf geachtet, ob die von mir erwählte Frau sich selbst als lesbisch bezeichnet oder nicht. Natürlich bin ich so ziemlich oft auf die Nase gefallen, aber weniger deshalb, weil die vermeintlich heterosexuelle Frau mich nicht gemocht hat, sondern weil sie zu wenig Mut hatte, sich zu sehr von den gesellschaftlichen Konventionen einschüchtern ließ und letztendlich auch von ihrer „Heterosexualität“ zu sehr profitierte. Denn was Heterofrauen und Lesben sehr oft nur unterscheidet ist der Mut, denn viele Lesben haben, meiner Erfahrung nach, oft einfach mehr „Biss“, sind „krasser drauf“, lassen sich weniger von Geschlechterrollenvorgaben einschränken und schaffen es somit eher ihrem Begehren zu folgen und ihren ganz eigenen Weg zu gehen. Daher war meine Entscheidung meinen „Leidenschaften“, zu folgen, letztendlich doch eine Art politische Handlung…
(Aus: L-Mag, Mai/Juni 2015)
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1968 – der Wendepunkt der Studentenbewegung – betraten die Frauen die Bühne: undogmatisch, basisdemokratisch und autonom schufen Feministinnen Hunderte innovativer Projekte und Frauenzentren und haben die Gesellschaft entscheidend verändert. Will man erfahren, wie ein Modernisierungsschub initiiert wird, lohnt es, den Beginn der Frauenbewegung zu kennen. Was machte die Lesben so rebellisch und mutig? Eben noch verborgen, übernahmen sie die Vorhut. Was trieb so viele Frauen auf die Barrikaden? Woher die Inspiration, die Wut, die Freude am Kampf? Wie befreiten sie sich in einem Umfeld, geprägt von Polizei, Berufsverboten, Medienhetze und nicht zuletzt der bohrenden Kritik dogmatischer Linker? Am Beispiel Berlins erzählt Cristina Perincioli die Jahre 1968-1974 entlang ihrer persönlichen Erfahrung und der von 28 weiteren Beteiligten – Akteurinnen, die sie streitbar und anschaulich zu Wort kommen lässt und auch zu den internen Konflikten befragt. Mehr als 80 Fotos illustrieren Geschehnisse und Personen.
Gestern habe ich das Gespräch mit der „Bewegungs-Erfinderin“ zum dritten Mal im „L.MAG“ gelesen, wobei mich jedes Mal neue ihrer Aktivitäten besonders ansprachen. Spontan gefiel mir die Passage über Cristina Perinciolis „missionarisches“ Einwirken auf heterosexuelle Frauen – eine treffende Bezeichnung dafür, diese durch Frauenbeziehungen auf den auch für sie richtigen Weg zu führen, sie von konstruierten, so häufig zwanghaft aufrecht erhaltenen Verbindungen mit Männern zu erlösen. Vor allem mit Blick auf C. Perinciolis Rolle als Mitbegründerin des „Berliner Frauenzentrums“ und des ersten „Notrufs für vergewaltigte Frauen“ ein verständliches Anliegen, das zweifellos jeder mit Geist und Seele begabten, aktiv in der Lesben- / Frauenbewegung tätigen Frau am Herzen liegt.
Mit Humor sehe ich in diesem Zusammenhang die von ihr gründlich erforschte Ziegenhaltung, „die sie hütet und um die sie sich kümmert“ – ein lebendiges Symbol für ihre nachsichtige Beschäftigung mit den „Zicken“ als „großzügige Altlesbe“ .
Bestimmt eine liebenswerte Frau, auch sie ist ja schon mit einer Professorin glücklich (wie Anne Will)!