Hier noch etwas thematisch Passendes zur Homosexualitä_ten Ausstellung im Deutschen Historischen Museum und im Schwulen Museum in Berlin ab dem 26. Juni 2015 :

Titel

Titel „Liebende Frauen“ Jg. 2, Nr. 25, 1927

Aus „Virile, Vamps und wilde Veilchen. Sexualität, Begehren und Erotik in den Zeitschriften homosexueller Frauen im Berlin der 1920er Jahre“ von Heike Schader, Ulrike Helmer Verlag, 2004:

Die Zeitschriften homosexueller Frauen, die in Berlin in den Jahren 1924-1933 erschienen sind, bilden eine außergewöhnlich geschlossene Dokumentation der Selbstdarstellung homosexueller Frauen. Sechs Titel können bisher nachgewiesen werden: Die Freundin, Ledige Frauen, Frauenliebe, Frauen, Liebe und Leben, Garconne und BIF – Blätter Idealer Frauenfreundschaft. […]
Die LeserInnen hat meist die Wahl zwischen zumindest zwei Zeitschriften, die kontinuierlich erschienen und im öffentlichen Handel erhältlich waren. Damit stellen die Zeitschriften, als Ganzes betrachtet, eine außergewöhnliche Kontinuität und Zuverlässigkeit in der Darstellung von weiblich-homosexuellem Leben dar. Gestützt wird diese Bedeutung noch dadurch, dass die untersuchten Zeitschriften in Form und Inhalt viele Übereinstimmungen zeigen. […]

Gedichtbeitrag

Gedichtbeitrag „Liebende Frauen“, Jg. 4, Nr. 23, 1929

Als Gruppenmedien waren die Zeitschriften Foren für die Belange der homosexuellen Leserinnengruppe. Es wurden Veranstaltungshinweise und Berichte über kulturelle/unterhaltende Ereignisse der homosexuellen Gemeinschaft verbreitet. Die Leserinnen hatten im Allgemeinen die Möglichkeit, durch Leserinnenbriefe Themen in diese Zeitschriften einzubringen. Die Mischung aus redaktionellen, literarischen und Leserinnenbeiträgen war in allen Zeitschriften nahezu gleich. […]

Anzeigenteil

Anzeigenteil „Liebende Frauen“, Jg. 2, Nr. 44, 1927

Die Zeitschriften waren ein wichtiges Mitteilungsorgan einer weiblich-homosexuellen Gemeinschaft. Die Vereins- und Lokalnachrichten gaben einen Einblick in das homosexuelle Leben in Berlin und ließen die Leserinnen am Zeitgeschehen teilnehmen, auch wenn ihnen dies aus finanziellen oder räumlichen Gründen persönlich nicht möglich war. In den Zeitschriften fand nicht nur ein Austausch über Erfahrungen statt, sondern die Zeitschriften bildeten außerdem eine Instanz, die soziales homosexuelles Leben prägte. Durch den in den Zeitschriften formulierten Zusammenhang von Verhalten und Homosexualität wurden Bilder von Handlungsmustern und -möglichkeiten gezeichnet. Diese Bilder konnten in den privaten Raum transportiert und mit dem eigenen Verhalten oder eigenen Vorstellungen in Beziehung gesetzt und von jeder einzelnen Leserin überprüft werden. Die Sachartikel und Leserinnendebatten dokumentieren einen Einstieg und eine kontinuierliche Partizipation an den aktuellen Diskursen. Am Ende stehen die literarischen Beiträge für die Formulierung von Wünschen, Träumen und Idealen, die mal mehr, mal weniger mit der eigenen Lebensrealität verknüpfbar waren. Die Zeitschriften waren somit ein Forum für die Konstitutionierung homosexueller Ideale und Werte.

Orginaltext: SPINNBODEN. Lesbenarchiv und Bibliothek Berlin

P.S.: Das BuchVirile, Vamps und wilde Veilchen – Sexualität, Begehren und Erotik in den Zeitschriften homosexueller Frauen im Berlin der 1920er Jahre“ ist leider z. Zt. nirgends mehr erhältlich, aber vielleicht kann man es antiquarisch noch irgendwo bekommen…

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In den »wilden« Zwanziger Jahren wurde Homosexualität als modisches Accessoire gesellschaftsfähig. Viele Künstlerinnen standen in der Zeit der Schleier- und Nackttänze, der erotischen Revuen, der Nachtclubs und Gesellschaften im Ruf homosexueller Neigungen, ohne dass es ihrer künstlerischen Laufbahn schadete. Heute gilt die »Neue Frau« längst als ein Kennzeichen der Weimarer Republik. Doch auch in jüngeren Untersuchungen über die weiblichen Selbstentwürfe dieser Epoche sind Sexualität, Begehren und Erotik nur bescheidene Randthemen. Heike Schader hingegen lässt die homosexuellen Frauen selbst zur Sprache kommen und untersucht erstmals die literarischen Beiträge in deren Zeitschriften: Über 70 Fortsetzungsromane, über 650 Kurzgeschichten und fast 1000 Gedichte von über 500 Autorinnen zeugen von der neuen weiblichen Subkultur und ihrer neuartigen Formulierung lesbischer Konzepte. Welche Vorstellungen haben homosexuelle Frauen in der Weimarer Republik von ihrer eigenen Sexualität? Wie leben und beschreiben sie ihr homosexuelles Begehren?