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Transsexualität/Transgender ist ein sehr schwieriges und konfliktbe- und-geladenes Thema, das von allerlei Gruppierungen für jeweils ihre eigenen Interessen benutzt wird. Queer-Feministinnen erhoffen sich durch diese Idee der „Gender- und Geschlechterüberschreitungen“ eine Auflösung der Mann-Frau-Dualistik und damit eine Befreiung aus der patriarchal-biologistisch einengenden Frauen-Genderrolle. Männer haben schon sehr lange versucht (symbolisch) nach der weiblichen Schöpfungs- und Gebärmacht zu greifen, sei es durch transvestitische Verkleidung oder durch tatsächliche Kastration. Beispiele dafür sind z. B. der Papst und die Priester mit ihren langen Frauengewändern, die kastrierten Priester oder Tempeldiener der antiken phrygischen Großen Göttin Kybele bzw. Großen Mutter, die Galloi, oder auch die indischen Hijras, die sich als Mitglieder des „dritten Geschlechts“ bezeichnen und genetisch meistens männlich und sehr oft entmannt (kastriert) sind. Männerliebende Männer haben die Idee von der „weiblichen Seele in einem männlichen Körper“ ab dem 19. Jahrhundert dazu benutzt der juristischen Strafverfolgung zu entgehen, „seelische Intersexualität“ nannten sie das dann, denn was die Natur so geschaffen hat, kann nicht sündig oder gar strafbar sein. Sexualwissenschaftler wiederum diskreditierten und pathologisierten damit nach Freiheit und weg von Ehe und Mann strebende Frauen und Feministinnen, und bezeichneten sie als „Transvestitinnen“, „Invertierte“ oder als „drittes Geschlecht“. Und Lesben, die die homosexuelle Identität angenommen hatten, sahen in der „seelischen Transsexualität“ eine Chance sich selbst zu definieren und ein Zurück zur Ehe und heterosexuell-unterwürfigen Frauenrolle für immer zu vermeiden usw.

Durch die rasanten Fortschritte in der plastischen Chirurgie und Hormonmedizin hat sich das „Wechselspiel-zwischen-den-Geschlechtern“ aber in bitteren und unumkehrbaren Ernst verwandelt. Mit schwerwiegenden Operationen und drogenähnlichen Einnahmen von Geschlechtshormonen wird nun versucht dem verhassten eigenen Geschlecht endgültig zu entkommen- und/oder dem ersehnten anderem Geschlecht möglichst nahezukommen. Geschlechtsangleichung nennt sich das- die Seele in einem falschen Körper gefangen- und Geschlechtsidentitätsstörung lautet die ärztliche Diagnose, wenn keine biologischen Fakten, wie bei den Intersexuellen (die übrigens selbst GEGEN normierende Operationen kämpfen und nicht für…), gefunden werden können. Ein gefährliches Unterfangen, dass der verinnerlichten Homophobie, der gesellschaftlich und politisch gewollten Zwangsheterosexualität, dem patriarchalen Frauenhass/Neid und der pathologisierenden Ärzteschaft in die Hände spielt.

Sheila Jeffreys hat sich in ihrem Buch Lesben in der Queer Politik: ohne Zukunft dem Phänomen der modernen Transsexualität- aus lesbisch feministischer, frauenidentifizierter und patriarchatskritischer Sicht- anzunähern versucht, und dies ist ein Ausschnitt aus dem Kapitel Gender und Queer- Theorie und -Praxis, in dem sie der Frage nachgeht, warum Transsexualiät/Transgender von der Queer-Theorie überhaupt mit Homosexualität in Zusammenhang gebracht wird. Und in meiner Butch-Femme-Reihe werde ich dann noch konkreter auf das Phänomen der FzM (Frau-zu-Mann) Transsexualität eingehen, und warum Transmänner in den allermeisten Fällen früher maskuline Lesben bzw. Butches waren.

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Gender und Queer- Theorie und -Praxis
(…) Es ist interessant, der Frage nachzugehen, warum Transsexuelle/Transgender überhaupt in die „Queer Politik mit eingeschlossen werden, ganz so, als würden sie irgendwie natürlich zu Lesben und Schwulen passen. Dies scheint auf ein frühes Verständnis von Homosexualität als einer „Gender-Inversion“ zurückzugehen. SexualwissenschaftlerInnen des 19. und 20. Jahrhunderts, wie Havelock Ellis, waren der Ansicht, dass homosexuelle Männer die Gehirne von Frauen in den Körpern von Männern und dass homosexuelle Frauen die Gehirne von Männern in den Körpern von Frauen hätten. Wie auch immer sie das erklärten, und viel war über Chromosomen noch nicht bekannt, sie machten damit deutlich, dass sie gleichgeschlechtliche Liebe als unmöglich ansahen, wenn nicht ein Partner irgendwie, trotz Äußerlichkeiten, dem anderen Geschlecht angehörte. Die Idee von Homosexualität als Gender-Inversion wurde sowohl von AnhängerInnen der homosexuellen Befreiungsbewegung als auch von lesbischen Feministinnen abgelehnt. Beide Gruppen vertraten die Ansicht, dass gleichgeschlechtliche PartnerInnen nicht auf die politische Konstruktion von Maskulinität und Femininität zurückgreifen müssen, um sich lieben zu können.

Dr. Janice Raymond 70'sThe Transsexual Empire book

Lesbische Feministinnen haben in ihren Analysen den Transsexualismus genau untersucht. Janice Raymond zeigte in ihrem Buch The Transsexual Empire  schonungslos überzeugend, dass die Diagnose Transsexualität und die darauf folgenden Operationen als eine Form sozialer Kontrolle zu sehen sind. Sie erklärte, wie PsychologInnen und ChirugInnen jede Kritik am Gender-System ersticken, indem sie diejenigen, die die Erfordernisse einer Geschlechterklasse nicht erfüllen, mittels Chirurgie und Medikation in die andere einpassen. Anstatt in irgendeinem Sinn „transgressiv“ zu sein, zeigt Raymond auf, dass transsexuelle Chirurgie eine äußerst konservative Praxis ist, darauf ausgerichtet, männliche Dominant und weibliche Unterordnung durch die Vorstellung von zwei natürlichen Versionen von Gender zu erhalten, in die jede/r hineinpassen muss. Als sie in den späten siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts ihr Buch schrieb, hofften lesbische Feministinnen auf ein Ende der transsexuellen Chirurgie. Ihre Erwartung war, dass feministischer Aktivismus das Problem Gender aus der Welt schaffen würde. Wenn einmal die Vorstellungen von natürlicher Maskulinität und Femininität überwunden worden wären, dann hätte Transsexualismus keine Bedeutung mehr. Aber transsexuelle Chirurgie starb nicht aus.

Mit der Queer-Theorie kam die Vorstellung der Gender-Inversion wieder auf, wenn über Homosexualität theoretisiert wurde – besonders als lesbische und schwule Politik in der queeren Koalition von LSBTTIQ (lesbisch-schwul-bisexuell-transsexuell-transgender-intersexuell und queer) mit Transsexualismus in Verbindung gebracht wurde. Da Transsexualismus historisch dazu diente, Homosexualität zum Verschwinden zu bringen, ist das besonders überraschend. Schwule und Lesben, die mit der Vorstellung, homosexuell zu sein, nicht zurecht gekommen waren, wurden in das „andere“ Geschlecht operiert und medikamentiert, so dass sie, wenn auch grausam verstümmelt, als heterosexuell betrachtet werden konnten. Während es SexologInnen bis zu Mitte des 20. Jahrhunderts nur möglich war, Homosexuelle in die Kategorie „transsexuell“ einzuordnen, machte es die Entwicklung chirurgischer und chemischer Methoden in den späteren Jahrzehnten möglich, Homosexuelle körperlich umzuwandeln. Die Mehrheit der chirurgisch Veränderten war vor der Operation eindeutig homosexuell, unter den betroffenen Frauen fast alle. Warum werden Menschen, die ihrer Homosexualität durch Chirurgie entkommen sind, mit genau jenen in einen Topf geworfen, denen sie mit solchem Aufwand entkommen wollten: Lesben und Schwulen?

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Susan O’Neal Stryker is a US American professor, author, filmmaker, and theorist of gender and sexuality. He/She is currently an associate professor of Gender and Women’s Studies at the University of Arizona, and is the director of the university’s Institute for LGBT Studies. He/She has served as a visiting professor at Harvard University, University of California, Santa Cruz, and Simon Fraser University. Stryker is an openly lesbian trans woman who has written extensively about transgenderism and queer culture.

Aber die Queer-Theorie rechtfertigt sogar die wildesten Verstümmelungen der transsexuellen Chirurgie. Ein gutes Beispiel für die queere/postmoderne Rechtfertigung von Transsexualismus ist ein Artikel von Susan Stryker in dem akademischen, queeren Journal GLQ. Er sieht Transsexualismus in der Queer Politk so:

Ich möchte in diesem Essay vorschlagen, dass Transgender tatsächlich als eine heterodoxe Interpretation von Queer verstanden werden kann. (Stryker 1989:149)

Lyrisch spricht er über eine „Generation von akademisch Gebildeten“, die er heranreifen sieht und die er als Grund sieht für:

  … die wilde und verschwenderische Fülle von Positionen eines Subjektes in Bezug auf Gender – Identitäten, die durch den Abbau von „Frau“ und „Mann“ wie ein Archipel aus dem Ozean aufgetaucht sind: FzM (Frau-zu-Mann), MzF (Mann-zu-Frau), Eonist, Invertierte, Androgyne, Butch, Femme, Tunte, Queen, drittes Geschlecht, Hermaphroditen, burschikose Frau, weibischer Mann, Drag King, Weiblichkeitsimitator, She-Male, He-She, Boy-Dyke, Girlfag, Transsexuelle, Transvestiten, Transgender, Cross-Dresser (S.148).

Über die Theorie des Post-Strukturalismus rechtfertigt er die Radikalität und transgressive Natur des Transsexualismus. Daher sieht er als Grund für das „Phänomen Transgender“ den epistemologischen Riss zwischen denjenigen, die Gender zuweisen und denjenigen, denen es zugewiesen wird. Es „erschüttert und entnaturalisiert“ das, was er „die ‘normale‘ Realität der westlichen Moderne“ nennt, besonders die Vorstellung, dass Gender an eine bestimmte Art Körper gebunden sein muss. Das „Phänomen Transgender“ hat „kritische Wichtigkeit (und kritischen Chic) erreicht, „in einem Ausmaß, dass es einen Ort darstellt, an dem die problematische Beziehung angegangen werden kann, die zwischen den Prinzipien der Performativität und einem Materialismus besteht, der, obwohl ihm nicht zu entkommen ist, stabiler Repräsentation widersteht, besonders, wenn er von körperlichen Subjekten erlebt wird“ (S. 147).

Übersetzt bedeutet diese Sammlung von postmodernen/queeren Modeworten, dass Transsexuelle radikal sind, weil sie chirurgisch angefertigte Genitalien an Körpern anbringen, die diese normalerweise nicht haben würden und dadurch einige Menschen in Bezug auf Männlichkeit und Weiblichkeit in Verwirrung stürzen. Es ist notwendig, sich von diesem Geschwafel zu lösen, um die Folgen für die Queer-Theorie betrachten zu können, wenn eine Praktik als Kernpunkt in sie aufgenommen wird, die darauf ausgerichtet ist, Homosexualität auszulöschen.

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Die homosexuelle Befreiungsbewegung und der Feminismus änderten die Vorstellungswelt der meisten Lesben und Schwulen so sehr, dass es unwahrscheinlich ist, dass sie ihre Homosexualität als ein Problem sehen, das mit Gender zu tun hat. Wir sehen uns nicht als unzulängliche wirkliche Männer oder wirkliche Frauen. Aber Transsexualismus spielt eine immer wichtiger werdende Rolle in der Eliminierung von Homosexualität. Besonders deutlich wird das durch den Begriff „Geschlechtsidentitätsstörung“ in der Psychologie. Nachdem lesbische und schwule AktivistInnen erreicht hatten, dass Homosexualität 1973 als Geistesstörung in dem US Diagnostic and Statistical Manual entfernt wurde, wurde 1980 die sogenannte „Geschlechtsidentitätsstörung“ (GID) als Ersatz darin aufgenommen. Die Diagnose GID wird bei Kindern gestellt, die ein Verhalten zeigen, dass das konservative Amerika als unpassend ansieht: Jungen, die mit Puppen spielen oder Mädchen, die lernen Autos zu reparieren. Die DSM 4 spezifiziert, dass das subjektive „Unbehagen“ eines Kindes, das es für die Diagnose GID qualifiziert, ersehen werden kann, aus „einer Aversion gegen Balgereien und Ablehnung von stereotypisch männlichen Spielzeugen, Spielen und Aktivitäten“ bei Jungen und „einer ausgeprägten Aversion gegen normative, feminine Kleidung“ bei Mädchen. In Geschlechtsidentitätskliniken, die der Psychotherapie – der Profession der Sozialkontrolle – ein nettes, kleines Einkommen bescheren, werden die Kinder einer Behandlung unterzogen, die ihr Verhalten ändern soll, dass es ihrer Geschlechterklasse besser entspricht. Die große Mehrheit von ihnen wächst trotzdem zu Homosexuellen oder auch Bisexuellen heran, ob sie nun auf GID behandelt wurden oder nicht. Aus den Schriften der PsychologInnen, die mit der Kategorie GID arbeiten, wird deutlich, dass es Homosexualität ist, die sie beunruhigt und die sie zu verhindern suchen. Wie Lawrence Mass es ausgedrückt hat: „Die US-amerikanische Psychiatrie ist … in einem langen, unterschwelligen Prozess damit beschäftigt, Homosexualität als eine Geisteskrankheit mit anderem Namen begrifflich neu zu erfassen – die ‘Geschlechtsidentitätsstörung der Kindheit‘“ (zitiert in Minter 1999:12).

In den letzten Jahrzehnten hat sich die Zahl Männer, Frauen, Mädchen und Jungen, die sich als Transgender betrachten und Operationen oder eine Hormonbehandlung anstreben oder denen sie angeraten wurde, vergrößert zu haben. Ein Grund hierfür könnte sein, dass das Konzept des Transsexualismus, das junge Lesben und Schwulen, die ihre Homosexualität nicht annehmen können oder ihre Körper hassen und ablehnen, ein neues Selbstverständnis anbietet, immer bekannter wurde. Transsexualismus ist zunehmend Thema in den Medien geworden. Der australische Soziologe Frank Lewis befragte 50 MzF (Mann-zu-Frau) Transsexuelle und fand, dass 50% erst „realisierten“, dass sie transsexuell waren, nachdem sie in den Medien einen Artikel über dieses Thema gelesen hatten. Das Konzept Transsexualismus wird auch über das Internet verbreitet, wie Sophia Pazos in einem über Sozialangebote für jugendliche Transgender ausführt: „Das Internet hat Öffentlichkeit für Transgender-Persönlichkeiten hergestellt“.

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Eine wesentliche Komponente der gegenwärtigen Vermarktung und Ausbreitung des Transsexualismus ist die Vorstellung, dass es so etwas wie eine „wirkliche“ Transgender-Persönlichkeit gibt. Diese Person ist nicht homosexuell und auch keine Butch oder Tunte. Sowohl praktische MedizinerInnen, die Frauen und Männer zur Operation raten, als auch ChirurgInnen selbst, denken gerne, das sie es mit einer klar definierten Kategorie zu tun haben. Aber das ist nicht der Fall. Tatsächlich schaffen sie durch ihre diagnostischen Werkzeuge genau die Kategorie, die sie finden wollen. Der Transsexualismus wird in genau den „helfenden“ Berufen definiert, die ihn am Leben erhalten. Die Sammlung Social Services with Transgendered Youth sollte Alarmglocken bei jeden lesbischen und schwulen AktivistInnen schrillen lassen, die jungen Lesben und Schwulen darin helfen möchten, ihren eigenen Körper anzunehmen und stolz darauf zu sein, das gleiche Geschlecht zu lieben. Sie soll SozialarbeiterInnen dabei helfen, die bereits bestehenden Kategorie „Transgender“ zu erkennen. Der Herausgeber der Sammlung, Gerald P. Mallon, konstatiert, dass „Transgender-Kinder Teil jeder Kultur, Rasse, Religion und Erfahrung sind. Das erklärt natürlich nicht, warum das Phänomen sich in Relation zu dem Ausmaß an Öffentlichkeit, die es erhält, ausbreitet.

Den SozialarbeiterInnen wird empfohlen, sich in „Akzeptanz und positiver Bestätigung“ von Transgender-Kindern zu üben. Sie sollten z. B. kein Missfallen zeigen oder sie auf Homosexualität umzuleiten suchen. Mallon erklärt, dass „es wichtig ist, dass Transgender-Kinder nicht falsch als schwul oder lesbisch etikettiert werden, auch wenn sie sich häufig selbst so bezeichnen, bevor sie ihre Natur als Transgender ganz verstehen, es aber auch wichtig ist, dass schwule und lesbische Kinder nicht falsch als Transgender bezeichnet werden. Eine Unterscheidung ist tatsächlich nicht so leicht. Das gilt besonders in Bezug auf junge Menschen aus Kulturen ethnischer Minderheiten, in denen Homosexualität absolut verachtet wird und Transgenderrismus als akzeptabler gesehen wird. Im Fall des fünfzehnjährigen „Faheed“ kam die muslimische Familie aus Ostasien und „Der Patient war sich wohl bewusst, dass Homosexualität in seiner Religion absolut verboten war und seine Eltern hatten ihm gesagt, dass die Strafe, wenn man dabei erwischt wurde, der Tod sein konnte“. Viele Berichte, in denen Transgender-Personen über ihre Motivation sprechen, machen sehr deutlich, dass sie verzweifelt versuchen, sich nicht als homosexuell zu sehen, verzweifelt genug, um sich extrem verstümmelnden Operationen zu unterziehen.

Wenn wir nicht akzeptieren, dass es so etwas wie einen realen und essenziellen [Essentialismus ist die Auffassung, dass es ein Wesen oder eine wahre Natur einer Sache gibt, das bestimmt, definiert, erklärt und begründet, was dieses der Art nach ist und warum es sich notwendigerweise so verhält, wie es sich verhält.] Transsexualismus gibt und die Tatsache in Betracht ziehen, dass die Queer-Theorie den Essenzialismus ablehnend gegenübersteht, dann erscheint die Einbeziehung dieser Kategorie in die Queer-Politik außergewöhnlich. Wenn sie die Kastration gleichgeschlechtlicher Liebenden feiert, steht sie im Widerspruch zu einer selbstbewussten lesbischen und schwulen Politik, die für eine Befreiungsbewegung notwendig ist. Die Einbeziehung von Transsexuellen stützt nicht nur höchst rückständige Vorstellungen von Gender, sondern auch den Gedanken, dass Gender essenziell ist.

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Die postmodernen und queeren Ansätze zu Gender haben zu der Entwicklung einer „Gender“-Politik geführt, die in klarer Opposition zum Feminismus steht. Sie ersetzt ihn und macht ihn unsichtbar. Eine 1999 gegründete, US-amerikanische Organisation, die sich GenderPAC nennt, repräsentiert diese neue, antifeministische Gender-Politik besonders gut. GenderPAC hat, obwohl von Transsexuellen und Transgender für ihresgleichen begründet und geführt, eine breit angelegte Zweckerklärung ausgearbeitet. Die Frage stellt sich, wo in ihr Frauen mit gemeint sein könnten. Da „Gender“ ein Begriff ist, der von feministischen Theoretikerinnen und Aktivistinnen so weitgehend übernommen wurde, könnte angenommen werden, dass die Interessen von Frauen mit berücksichtigt werden, aber das scheint nicht der Fall zu sein.

GenderPAC ist eine nationale Förderorganisation mit dem Ziel, dass Recht aller Amerikaner auf ihr Gender durchzusetzen, frei von Stereotypen, Diskriminierung und Gewalt, ungeachtet ihres Aussehens, ihrer Handlungen oder ihrer Kleidung und ganz gleich, wie andere ihr Geschlecht und ihre sexuelle Orientierung sehen. Wir befassen und uns im besonderen mit der Art und Weise, wie sich die auf Gender begründeten Diskriminierungen verbinden, einschließlich jener von Rasse, Klasse, Volkszugehörigkeit und Alter. GenderPAC glaubt, dass Gender als ein grundlegendes Bürgerrecht geschützt werden sollte und wir freuen uns auf den Tag, wenn es allgemein respektiert und als solches anerkannt wird. (GenderPAC 2001)

Frauen werden in GenderPAC-Materialien nicht genannt. Mit Gender sind hier nicht Frauen gemeint, sondern Transgender, von denen die meisten Männer sind, und Homosexuelle. Frauen werden in der Liste der Kategorien, die GenderPAC als mit „Gender“ verbunden sehen möchte, nicht einmal genannt. Diese sind Rasse, Klasse, Volkszugehörigkeit und Alter, nicht Frauen. Frauen können besonders dann als ein ziemliches Problem für diese Politik gesehen werden, wenn sie versuchen, das Gender-System abzubauen. Das politische Ziel von GenderPAC ist, „Gender“ (das politisch konstruierte Verhalten von Dominanz und Unterwerfung als Folge männlicher Dominierung) im Rahmen einer US-amerikanischen Gesetzgebung als schützenswert einzustufen. Dieses Ziel steht im direkten Widerspruch zu den Zielen des Feminismus. Sogar ein liberaler Feminismus, der nicht in der eigentlichen Existenz von Gender ein Problem sieht, sondern nur in seiner Starrheit, könnte mir dem, was hier geschützt werden soll, ein Problem haben. Sollte GenderPAC mit seinen Zielen erfolgreich sein, könnte jegliche Kritik an Gender oder jede Konfrontation mit einer Einzelperson oder einer Organisation über das, was Gender darstellt, als diskriminierend gesehen werden. Ich wurde transphobisch und genderphobisch genannt, weil ich in Konferenzen ausgeführt habe, dass Gender nicht gewechselt werden sollte, sondern abgeschafft werden muss. Gender-Unterschiede werden in den meisten feministischen Analysen jeder politischen Richtung als die eigentlichen Grundlage für männliche Dominanz gesehen. Sollte das Vorhaben, Gender als schützenswert einzustufen, Erfolg haben, wird es sehr viel schwieriger werden, an der Abschaffung zu arbeiten.

(Dieser Text ist aus Sheila Jeffreys Buch: Lesben in der Queer Politik: ohne Zukunft – und wurde 2011 ins Deutsche übersetzt. Der orginal US-Titel lautet: Unpacking Queer Politics. A Lesbian Feminist Perspective und ist dort 2003 erschienen.)

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