„Saudi-Arabien und seine Frauen. Während im öffentlichen Raum weiter um jeden Zentimeter Freiheit gerungen wird, ist im virtuellen Raum die Zukunft bereits angebrochen. Junge Frauen aller Schichten vernetzen sich auf Twitter und Facebook und entdecken die Macht sozialer Medien. Strenge Islamisten geraten im Cyberspace immer mehr in die Defensive, müssen sich ihre frommen Dogmen von kundigen Kontrahentinnen auseinanderpflücken lassen. Die Aura der gottgleichen Unangreifbarkeit schwindet, das Monopol ihrer Interpretation der heiligen Schriften wankt, Prestige und Autorität bröckeln.
Auf Twitter werden sie als „Menstruations-Scheiche“ oder „Plazenta-Scheiche“ verhöhnt, weil ihre frommen Vorschriften fast ausschließlich um Regel und Geburten kreisen. „70 Prozent aller Fatwas beschäftigen sich mit Frauen – mit ihren Haaren, Kopftüchern, mit Händeschütteln und Menstruation“, sagt Kholoud al Fahad aus der Ölstadt Dahran im Osten des Landes. Passiere aber ein Skandal wie vor zwei Jahren die Überschwemmungen in Dschidda mit über Hundert Toten, stehe keiner der Kleriker auf und kritisiere die korrupten Politiker.“ (Tagesspiegel 30.12.2011)
Die Venus ist Solipistin, beschaut ihren Nabel. Das Weibliche ist sebstbezogen und selbstreprodunktiv. Delphi galt als der Omphalos, der durch einen formlosen heiligen Stein markierte Nabel der Welt. Ein schwarzer Meteorit, ein primitives Bild der Kybele (Muttergottheit), wurde im Dritten Punischen Krieg nach Rom gebracht, um die Stadt zu retten. Das Palladium, ein von Zeus gesandtes Bild der Athene, von dem Trojas Schicksal abhing, war wahrscheinlich auch so ein Meteorit. Heute umschließt die Kaaba, das Allerheiligste der Großen Moschee von Mekka, einen Meteoriten, den Schwarzen Stein. Die Venus von Willendorf ist eine Art Meteorit, ein abstruses Fundstück, unförmig und geheimnisvoll. (Camille Paglia „Die Masken der Sexualität“)
Der Schwarze Stein in der Kaaba ist wohl das Symbol der Mutter, die Tiefe und die Schwärze der Dunkelheit. Woraus das Leben hervorkommt. Er war mal weiss, er ist das Licht, und wurde schwarz durch das Werden zu Materie.
In heidnischer Zeit soll die Göttin Al-Uzza in Suquam bei Mekka in Gestalt eines schwarzen Steins verehrt worden sein. „Die Starke”, „die Gewaltige”, „die Mächtige”. In vorislamischer Zeit war Al-Uzza in Arabien Schutzgöttin von Mekka und Morgensterngöttin. Ihr Heiligtum war Suquam bei Mekka, wo sie in Gestalt eines schwarzen Steines verehrt wurde. Drei Akazien stellten dort ihren Thron dar, die Göttin selbst lebte in einem Baum. In Mekka verehrte man sie als eine der drei Schicksalsgöttinnen, die beiden anderen heißen Manat und al-Lat. Hier soll der Prophet Mohammed, dessen Stamm diese Göttin besonders verehrte, selbst ihren schwarzen Stein in die Kaaba gelegt haben. Bevor der Islam sich durchsetzen konnte, versahen Priesterinnen ihren Kult. Auch später noch nannten sich die Wächter der Kaaba „Söhne der Alten Frau”. Alle drei galten auch als Töchter des Hochgottes Allah, wobei Al-Uzza deren jüngste ist.

Symbolisch wird die Mutter, die Urmaterie, die Urmater oft durch die in der Tiefenpsychologie vielfach zitierte Drachenmutter, die Schlange, die Kröte repräsentiert, und der in unserem Kulturkreis weit verbreitete Drachenkampf ist der Kampf gegen die Mutter.
Der Name Delphi (Orakel von Delphi) leitet sich vom griechischen Wort delphys für „Gebärmutter“ ab und weist auf eine alte Verehrung der Erdgöttin Gaia hin. Ab dem 8. Jahrhundert v. Chr. setzte sich die Verehrung des Apollon durch und das Orakel entwickelte sich. Nach der geflügelten Schlange Python, die Apollon dem Mythos zufolge hier getötet haben soll, war Delphi auch unter dem Namen Pytho bekannt.
Die Erdmutter Gaia vereinigte sich mit dem Schlamm, der nach dem Ende des Goldenen Zeitalters von der Welt übrig blieb, und gebar die geflügelte Schlange Python (auch oft als „Drache“ bezeichnet). Python hatte hellseherische Fähigkeiten und lebte an dem Ort, der später Delphi heißen sollte. Nach verschiedenen Varianten der Sage war Python weiblich oder männlich.
Gaia oder Ge, deutsch auch Gäa, ist in der griechischen Mythologie die personifizierte Erde und eine der ersten Götter. Ihr Name ist indogermanischen Ursprungs und bedeutet möglicherweise die Gebärerin.
Die frühesten menschlichen Kulturen verehrten wahrscheinlich die Große Göttin, als Gaia, die Göttin der Erde. (Gaia ist jetzt ein griechischer Name, der Name der Göttin ist heute nicht mehr bekannt. Man sagt, daß die älteste Vorstellung von ihr die der Erde selbst war, und nennt sie chtonische (=der Erde zugehörige) Göttin. Aus dieser Zeit stammten auch die Höhlenmalereien und Felszeichnungen, heute stellen wir uns vor, daß die Höhlen ihre Vagina waren, aus der alles Leben kommt und wo es wieder hingeht. Das Innere der Erde. Später entwickelten sich mehrere Gestalten der Göttin in den gynozentrischen Kulturen des Mittelmeerraumes: Sie ist immer noch eine Göttin, aber hat drei Aspekte. (Aspekt: Ansicht – also drei Erscheinungen). Diese entsprechen den verschiedenen Gestalten des Mondes, als Neumond, Vollmond und Schwarzmond.
Der Tagesspiegelartikel „Gottesvergiftung“ über die Situation von Frauen in Saudi-Arabien nach der arabischen Revolution hat mich zu dieser kleinen Collage hier inspiriert. Fatwas (sind islamische Rechtsgutachten, die in der Regel von einem Mufti, Verfasser eines Rechtsgutachtens als Spezialist für die islamische Jurisprudenz Fiqh, zu einem speziellen Thema herausgegeben werden) beschäftigen sich also zu 70 Prozent mit Frauen und ihrer Gebärfähigkeit. Das fand ich sehr interessant, weil ich schon immer den Eindruck hatte, dass in der islamischen Welt die Frauen deshalb so wenig Rechte haben, sie nicht in die Öffentlichkeit sollen, bzw. sie und ihre Sexualität (für Männer) als gefährlich angesehen werden, weil der mythologisch-symbolische Göttinnenmord noch nicht vollständig abgeschlossen ist. Hier sind ja Frauen auf der symbolischen Ebene fast schon abgeschafft und deshalb ungefährlicher. (Siehe auch meinen Artikel „Der symbolische Frauen/Muttermord in Mythen„) Sehr interessant finde ich auch die Parallelen zwischen den beiden religiösen-spirituellen-mythischen Stätten der Kaaba in Mekka und dem Orakel von Delphi. Beides waren ursprünglich Kultstätten zur Verehrung der Großen Göttin und wurden dann im Zuge des Wechsels von Erdenkult (Mutter/Frau) zum Himmelskult (Vater/Mann) von männlichen Gottheiten entmachtet/übernommen. In wiefern die „Macht der Mütter“ in der islamischen Welt/Religion noch unterschwellig vorhanden ist kann ich nicht so genau sagen, da ich mich im Islam zu wenig auskenne. Aber wohlmöglich ist es ein wenig so wie im alten Rom, als dort die alten orientalischen Mutterkulte im Volk noch weitergelebt wurden. Was mir aber persönlich aufgefallen ist, dass z. B. türkische oder arabische Männer sehr viel mehr Achtung vor älteren Frauen (bei gleichzeitiger Verachtung für Frauen an sich) als deutsche Männer haben, als ob sie noch in einer Art Matriarchat leben würden, Muttergöttin und ihr Sohn-Liebhaber:
Der Hauptjünger der Großen Mutter sind ihr Sohn und Liebhaber, der sterbende Gott der vorderasiatischen Mysterienreligionen (Attis, Adonis, Tammuz, Osiris). Sie sind die Geliebten der Mutter und werden von ihr geliebt und getötet, begraben, beweint und wiedergeboren. Das Männliche ist nur ein Schemen, der im ewigen Zyklus der Natur umhergewirbelt wird. Die Knabengötter sind phallische Begleiter der großen Mutter, Drohnen der Bienenkönigin, die getötet werden, wenn ihre Befruchtungspflicht erfüllt ist. Mutterliebe erstickt, was sie umarmt. Die sterbenden Götter sind zarte Blüten und werden mythologisch als Anemone, Nazisse, Hyazinthe oder Veilchen symbolisiert. (Camille Paglia „Die Masken der Sexualität“)
„Die Bindung zwischen Mutter und Sohn wird nie beendet. Nicht einmal verändert. „Im Gegenteil“, schreibt die marokkanische Soziologieprofessorin Fatima Mernissi: „Die Hochzeit – in den meisten Gesellschaften eine Art Initiationsritual, das es dem Sohn ermöglicht, sich von der Mutter zu lösen – ist in der Tradition der islamischen Gesellschaft ein Ritual, das den Einfluss der Mütter auf den Sohn noch verstärkt. Mit der Hochzeit wird die Trennung zwischen Liebe und Sexualität im Leben des Mannes institutionalisiert, er wird darin bestärkt, eine Frau zu lieben, mit der er keinen Geschlechtsverkehr haben kann: seine Mutter.“ Die angeheiratete Frau bleibt dagegen ein Leben lang die Fremde, die „geling“, wie es auf Türkisch heißt. Liebe ist der Mutter und Allah vorbehalten. Liebe zwischen Mann und Frau ist nicht vorgesehen, und so überraschen mich auch die afghanischen Gesetze nicht, die vorschreiben wollen, dass die Frau dem Mann zur Verfügung zu stehen hat. Nach Auffassungen der muslimischen Männergesellschaft ist die Ehe ein Vertrag und die Frau ein Besitz.“ (Aus „Der Schlüssel zum Paradies liegt zu Füßen der Mütter“ von Necla Kelek)
Dieser Textabschnitt zeigt wunderbar, dass die sogenannten „Matriarchate“ und Mutterkulte eine rein männliche Vorstellung sind und ihre Sicht auf die Welt, ihre Positionierung, ihre Ohnmachtsgefühle und Identitätsprobleme in Bezug auf die Frau/Mutter zum Thema haben. Die Beziehung der Mutter zur Tochter oder der Tochter zur Mutter kommt gar nicht vor, nur Sohn-Mutter und seine Abhängigkeit und Ablösung von ihr. Und die Frauen selbst haben wie immer nur geschwiegen.
Nachtrag: Wie ich mir gerade erlesen habe, symbolisiert die Fixierung/der Schwerpunkt auf der Mutter-Sohn-Bindung bereits den Auflösungsprozess der Mutterkulturen, nämlich als die biologische Vaterschaft entdeckt und somit Männer sich versuchten (zuerst durch die Legitimation der Frau/Mutter) selbst als göttlich zu setzen. Der Islam ist also (religionsgeschichtlich gesehen) hinter den Christentum „zurück“ und somit ein wenig näher an den kulturellen Mutterstufe dran. Daher haben z. B. in der Türkei und in Arabien zwar die Mütter noch „Macht“, aber eben nur in Bezug auf ihren Sohn- sie müssen ihn „göttlich“ machen.
@claudia
Diesen Artikel finde ich äußerst interessant und auch den Artikel mit den grausamen und gruseligen bestialischen mythologischen symbolischen Muttermorden habe ich mir durchgelesen.
Aber ist das Göttliche der Gott ganz allgemein nicht eine ursprüngliche Erfindung des Patriachates?Und wäre eine Göttin nicht sowas wie eine Rollenverdrehung?!
Du meinst also da es in der Islamischen Kultur noch Göttinnen gibt und der Schwarze Stein in Mekka als Vulva Frauensymbol verehrt wird das Frauen noch eine Art Heiligkeit und Göttlichkeit sind und damit auf eine Art und Weise Frauenkultur vorhanden ist?!
Aber die Mutterkulte sich eben nur auf die Söhne bezogen und nicht auf die Töchter damit eben keine Frauenkultur ensteht?!Und die dortige „Frauenfreundlichkeit“ eben noch verstärkter oder auf andere Art und Weise vorhanden ist wegen der Anbetung einer Muttergöttin die aber nur von Söhnen angebetet werden darf?und die Angst von der Macht der Frau in der Öffentlichen Phalozentrischen Symbolweltherrschafsystemwelt dort größer ist als in der Westlichen Welt da dort schon die Frau ganz zum phalozentrischen Weltbild mutiert ist?
Aber Göttinen wären ja Rollenverdreht oder?Und Matriachat Rollenverdrehte Strukturen des Patriachates?oder?Ich habe mir vor kurzem was über Matriachale Naturvölker durchgelesen und war zwar zum einen Erstaunt das auf gewisse Weise friedlicher gelebt wird aber wiederum ziemlich Frauenfeindliche zerstörende Strukturen dort aufzufinden sind.
Das liegt wohl darann das ein Matriachat wohl eher Kulturell so eine Art Phalozentrische Rollenverdrehung des Patriachates ähnlich wie Dyionisus und Apollo sind oder?!
Also Patriachat Apollo und Matriachat Dionysos?!
Patriachate sind offensichtlicher Frauenfeindlich Matriachate auf verdecktere Art und Weise Frauenfeindlich!
Und in der westlichen Kultur sind die Göttinnen durch den Symbolischen Drachentod vernichtet worden?
wo habt ihr denn das schöne Foto vom Schwarzen Stein her?
@Claudiamayr, ich weiß nicht mehr so genau, aus irgendeinem Artikel über die Kaaba.
@claudia
Es hat nicht direkt was mit dem Thema Mutterkulte zu tun was ich jetzt hier poste.
Aber es gibt einen lesbischen Film jetzt im Kino über zwei musliminnen die sich ineinander verlieben und wie sie Frauenliebe in ihrem Land erleben sehr sehenswert!
sharajet ist ein Film über shihaq also lesbische liebesfilm der im Kino läuft:
hier Traler:http://www.youtube.com/watch?v=IUOP_V-KuPw