Im meinem Artikel „Jahresende und Winter“ habe ich über Passivität nachgedacht, wie sie mit Identität zusammenhängen kann und mit den Rollen, die man dann so spielt. D. h. mit welcher (inneren) Vorstellung von sich selbst man an Handlungen rangeht, als was man sich so sieht, wenn man sich in Frauen verliebt, es bei ihnen aktiv „probiert“. Also ob man sich z. B. an irgendwelchen Schauspielern/innen und den Filmszenen, der eigenen Familie oder an sozialen Gruppen orientiert, sie dann (unbewusst) zum Vorbild nimmt und ihre Handlungen und ihr Sein nachspielt und auch nachfühlt. Oder wohlmöglich (wenn man sehr kreativ ist) sich von all den Angeboten Teilstücke herausnimmt, um sich daraus eine/seine ganz eigene Mischung zusammenzubasteln. (Ziemlich kompliziert das Ganze, weil sich die Begriffe Identität, Rollen oder Orientierung wohl nicht nur in meinem Kopf irgendwie wild mischen und, laut Wikipedia, auch eng miteinander verflochten sind und sich in steter kultureller Weiterentwicklung befinden.)
Aber egal wie kreativ und unkonventionell man auch sein mag – immer ist man auch ein „Kind seiner Zeit“ und somit in seinem Denkgebäude, der gerade herrschenden Weltanschauung gefangen. Meines war eben, dass ich (trotz gegenteiliger Erfahrungen) fest an diese (sexuelle) Identität lesbisch und somit an die Auftrennung von Frauen glaubte: nämlich in die „Normalen“ und in die „Anderen“. Zu den Anderen zählte ich mich auch, aber noch anders als die Anderen, die Untergruppe in der Untergruppe eben.
Dieses feste Glaubensgebäude versperrte mir aber die Sicht, ließ mich an meinen Intuitionen und Beobachtungen zweifeln und mich auch unsicher und minderwertig fühlen. Auch wenn ich mir es nicht so eingestehen wollte, hatte ich irgendwie „Komplexe“ vor den „heterosexuell“- lebenden-liebenden-fühlenden-seienden Frauen und fühle mich schuldig, wenn ich mich in sie verliebte. Ich glaubte auch, dass ich nicht das Recht hätte, sie ihrer „natürlichen Bestimmung“ also dem Mann zu entreißen und das, wenn sie meine Gefühle erwiderten und sich auf mich einließen, sie dieses nur als „Ersatz“ täten, weil sie z. B. von Männern enttäuscht worden seien.
Prozesse wie Identitäts- oder Paradigmenwechsel, Coming-out, die Ursprungsfamilie verlassen und sich in eine neue Gruppenidentität einfügen, finden meisten nur einmal im Leben statt. Und das ist schon schwer genug. Auch ich hatte mir also eine Art Identität außerhalb der Mehrheitsgesellschaft geschaffen und hielt lange daran fest. Und ich steckte fest.
Taxonomie nennt man (glaube ich jedenfalls) auch die eigenen blinden Flecken, die man stets hat, wenn man von innen heraus auf seinen eigenen Kulturkreis schaut. Andere sehen seine Ungereimtheiten meistens klarer und können einem (wenn man offen ist, sich darauf einzulassen) einen Spiegel vorhalten und die Dinge plötzlich aus einem völlig anderen Blickwinkel sehen lassen. Als ich in den späten 30gern durch Zufall eine Stelle in einer arabischen Kulturinstitution bekommen habe, ist mir dort diese Art von „Kulturschock“ widerfahren. Zunächst habe ich lange gezögert da überhaupt anzufangen, hatte viele Vorurteile über patriarchal autoritäre Männer und unterwürfige, unterdrückte Frauen, die Homosexualität verteufeln und somit meine westliche Freiheit und Modernität gefährden würden. Ich nahm die Stelle aber an, ließ mich ein und lernte einige Dinge grundlegend neu zu sehen.
Es ist ein sehr komplexer Themenbereich, dem wir uns auf diesem Blog schon öfters anzunähern versucht haben. Der arabisch-islamische Raum besteht nämlich aus Gesellschaften, die noch mehrheitlich auf der Geschlechtertrennung basieren, Mann und Frau also als unterschiedliche Seinsformen wahrgenommen werden. Das westliche Konzept der (männlichen) Homosexualität ist noch nicht vollständig übernommen worden und gleichgeschlechtliche Freundschaften/Lieben haben noch einen viel selbstverständlicheren Platz. Begriffe wie Sex, Liebe, Identität, Rollen, Orientierung usw. sind noch nicht klar definiert und voneinander getrennt – und somit gibt es kaum ein Bewusstsein für sexuelle Orientierung. Die Frau ist außerdem noch weitestgehend ökonomisch und gesellschaftlich vom Mann abhängig, hier ist sie es zwar nicht mehr, wird aber durch den (neu geschaffenen) Mythos der heterosexuellen Liebe (in Film, Medien und Kunst millionenfach propagiert) weiterhin an den Mann gebunden gehalten. Und diejenigen, die das nicht wollen werden ausgesondert, als „anders“ dargestellt und bestätigen dadurch scheinbar, dass es eine „heterosexuelle Normalität“ gibt. Frauen werden also in artig und unartig getrennt. Oder in krank und gesund, gut und böse, normal-nicht normal, erwachsen-noch unreif…jede Zeit hat da so ihre eigenen Begriffe…
Mehr zu dem Thema:
- HomOrientalismus
- Der Himmel über Tanger
- Muslimische Frauen und lesbische Liebe
- Freundschaft und Freundinnen
@claudia
Es kann sehr gut sein das in der Islamischen Welt dadurch das eben viele Berreiche nur für Männer oder nur für Frauen dort sind die Frauen Frauenfreundschaften und Frauen Lieben viel offener aber eben nur in der Freundschaft gelebt werden.
Was aber nichts damit zu tun hat das diese Frauen leider auch in einem Kultursystem der auch von Männern geschaffen wurden gefangen sind.
Vielmehr bin ich mir sehr sicher das sehr viele Frauen sich mit der „Untergruppe der Untergruppe der Unteruntergruppe“ usw..identifizieren oder eben so empfinden!
Dieses eingebunden sein zu müssen in einer Kultur das empfinde ich auch so wie du.
Aber ich sehe es nicht als unkonventionell nicht eingebunden zu sein sondern als einen normalen Zustand
den man aber leider nicht erreichen kann da man eben hier lebt.Auch kann man das Normale als besonders sehen ist es aber wircklich nicht!Sondern ein Lebensrecht wie Luft einatmen!
Auch habe ich oft gedacht die Frau die ich begehrenswert finde ist vielleicht „hetero usw“und ich bin ja „lesbisch usw..“Das aber in Wircklichkeit eine große Mehrheit an Frauen Frauenliebend ist sie das aber einfach nur auf bestimmte Art und Weise ausleben das wusste ich auch nicht.
Es gibt aber auch viele Personen die rollenlos leben findest du das nur die Rollen die Frauen in einer Kultur aufgezwungen bekommen das ist was die Frauen versklavt?
Meinst du wenn es keine Kulturrollen mehr geben würde das dann keine Unterschiede mehr zwischen den Gattungen existieren würden?
Auch sehe ich diese Kultur nicht als eine Art Gegenkultur an viel eher als eine Art die sollen für SICH diese Kultur und auch diese „Kultur“haben.
Unter vielen Fraktionen ist das schon so das eben wie du sagst Frauenliebe als unreif absonderlich besonders jugendlich usw..sonstiges gesehen wird um es dann belästigend „umzupolen“.
Also ich wünsche mir das die Frauenliebe der offizielle Mainstream ist und in jeder Zeitschrift und Filmen ganz gewöhnlich gezeigt wird!
Denn Frauenliebe ist normal!
Und nicht durrch das normal normale usw…endloskette besonders sondern wircklich einfach gewöhnlich!
Es gibt auch einieg Fraktionen die das schon begreifen.
Diese Fraktionen sind dann nur normal im Vergleich zu den anderen!Und die erwarten dann auch nichts denn sie wissen dasz.b bildlich: Luft einatmen einfach normal ist!
Jepp, liebe Natalie, du hast es auf den Punkt gebracht. Wir Frauen, die Frauen lieben (lol, sorry, dass ich nur eine liebe …) sind gewöhnlich, weil wir eben so viel Stolz und Selbstachtung haben, dass wir uns nicht outen oder irgend einer Szene zugehörig fühlen müssen.
Ich liebe meine Frau, weil ich sie liebe, nicht, weil sie eben auch eine Frau ist, sondern weil … zum Beispiel … ich mit ihr einen Gleichklang der Gefühle und gegenseitiger Verantwortung spüre, den mir bislang noch kein Mann, trotz aller Beteuerungen, glaubhaft hat vermitteln können.
Wo sich mir aber die Nackenhaare sträuben, das ist dieses beinahe zwanghafte sich rechtfertigen oder „outen“ müssen. Ich kann es nicht leiden, wenn wir lesbischen Frauen mit Argumenten „dafür“ kämpfen müssen, mir erscheint es vielmehr aus Alltagserfahrungen „normaler“, wenn ich einer guten Freundin zu deren Freund mit Rat zur Seite stehen kann, oder umgekehrt.
Es bedurfte – zugegeben – etlicher Kleinkriege, bis dass ich diesen Respekt in punkto meiner „Andersartigkeit“ erkämpft hatte, doch danach war es ein leichter Schritt, dass ich als „unabhängige“ Beraterin in Beziehungsfragen akzeptiert wurde .. von Männlein wie Weiblein.
Vielleicht, ohne mich selbst beweihräuchern zu wollen, liegt das auch ganz einfach daran, dass ich meiner „sexuellen Disposition“ zu keiner Zeit versucht habe, den Stempel des „Besonderen“ aufzudrücken, sondern einfach nur gelebt habe, so, wie ich es vor mir selbst verantworten konnte …
LG Andrea
Hallo Claudia,
ich lese viele deiner Blogs sehr gerne, weil ich dahinter eine kluge, wache, sinnliche und vor allem mit der Gabe kritischer Selbstreflektion gesegnete Frau sehe. Letzteres ist in meinen Augen eine elementare Eigenschaft, die ich allerdings auch bei Männern schätze, wenn sie denn dazu in der Lage sind. Eine der Voraussetzungen der Selbstreflektion, oder, noch besser: einem gewissen Maß an Selbstironie – ist jedoch ein gesundes Selbstbewusstsein, das Gefühl eigener und eigenständig denkender und handelnder Persönlichkeit.
Ich dachte immer, dass wir modernen, von manchen Irrungen der Frauenbewegung irritierten Frauen (ich bin 50) da etwas autonomer und damit auch freier sind, als unsere altvorderen Schwestern. Dass ich mich, die zwölf Jahre lang mit ein und derselben Frau zusammengelebt hat, wieder in eine Frau verlieben würde, mit der ich jetzt seit zwei Jahren zusammen bin, hat sicherlich auch etwas mit sexueller Ausrichtung zu tun, obwohl ich zuvor einige Jahre „hetero“ liiert war und später, gemeinsam mit meiner Partnerin, meinen Sohn aus dieser Ehe großgezogen habe. Und der ist, mittlerweile 27, entgegen aller Klischees, nicht schwul „geworden“, sondern lebt mit seiner Freundin genau das, was wir ihm vermittelt und auch vorgelebt haben, nämlich, dass wir Lesben nichts besonderes sind, sondern dass es im Leben auf ein paar andere Werte als die zufällige sexuelle Disposition ankommt, und das sind ganz menschliche Werte … kein Geschlechterkampf und ewiges Zweifeln und Benennen und Rechtfertigen der eigenen Vita, sondern sich selbst so sehen, wie man oder frau ist und das auch leben, frei im Geiste und unbefangen gegenüber all den Anfeindungen, die einem „naturgemäß“ begegnen. Ich habe nie ein öffentliches Manifest gebraucht, um zu erkennen, dass ich meine Partnerin nicht deswegen liebe, weil sie eine Frau ist, sondern weil ich bei ihr den Gleichklang spüre, der uns gegenseitig als Menschen, als eigenständige, denkende, fühlende und handelnde Persönlichkeiten stark macht und beflügelt.
Das aber mal nur am Rande, es hat ja nichts direkt etwas mit deinem aktuellen Posting zu tun, über dessen relativistische Aussage in punkto muslimischer Frauen ich mich dennoch sehr ärgere.
Keine Angst, ich will jetzt hier keine populistische Sarrazin-Debatte lostreten, doch die Quintessenz deines Blog lautet – in meine etwas direktere, einfache kölsche Sprache transformiert: Jeder Jeck ist anders!
Das mag einer „political correctness“ geschuldet sein, doch ich fürchte, dass deine Nachdenklichkeit, die aus deinem Job resultierte, allzusehr von dem geprägt wurde, was dir aus muslimischer Männersicht suggeriert wurde. Ich will dir nicht zu nahe treten, denn ich bin mir sicher, dass du dir ähnliche Gedanken auch gemacht hast, aber in der Realität geht es nicht um andere Zeiten – andere Ansichten. Fakt ist, dass der Islam – dem ich übrigens vollkommen wertfrei, weil ich zu wenig darüber weiß, entgegentrete – mehr und mehr von Männern dominiert wird, in deren Augen wir Frauen, gelinde gesagt, Dreck sind. Untermenschen … die gab es in der deutschen Geschichte ja auch schon mal.
Wie gesagt, ich meine die „dominierenden“ Männer, nicht das Gros derjenigen, die ihre Frauen auf Händen tragen. Ist ja auch schön, aber ebenfalls ein Ausdruck dessen, dass „Mann“ sich als Beschützer sieht und, im Umkehrschluss, der Frau eine untergeordnete Rolle zuweist. Auch wenn das jetzt abstrus klingt, aber ich respektiere Frauen, die sich in dieser Rolle wohlfühlen, Frauen, die nicht geschlagen, sondern geachtet werden.
Mir persönlich wäre das zu wenig, denn ich müsste mich ständig selbst verleugnen, laufe aber gerade wieder Gefahr, mich selbst in relativistische Äußerungen zu verlieren, die ich dir, liebe Claudia, eben noch vorgeworfen habe. Dabei kenne ich, aus vielen persönlichen Gesprächen, aber auch die ganz schäbige, brutale, menschen- und vor allem frauenverachtende Seite des Islam.
Zunächst mal ganz andersherum gefragt: Kennst du eine Frau, die ernsthaft versuchen würde, dich als Konvertitin zum Islam zu gewinnen?
Kannst du dir zum Beispiel vorstellen, welcher Gehirnwäsche und Folter die im Iran zur Steinigung verurteilte Frau ausgesetzt war, dass sie gegen diese – zugegeben – dämlichen Bild-Journalisten aussagte? Kannst du dir vorstellen, dass selbst in unserer ach so freien Welt immer noch tausende afrikanischer Mädchen, Kinder, im Namen Allahs beschnitten werden, und wir diskutieren darüber, ob das vielleicht oder doch nicht oder aber … als gefährliche Körperverletzung geahndet werden müsste?
Ist dir vielleicht auch bewusst, das Alice Schwarzers „Schleier“-Buch, das sehr differenziert Islam und Islamismus realistisch dargestellt hat, mit etlichen Morddrohungen gegenüber der Autorin beantwortet wurde, und dass sie seither unter permanentem Polizeischutz steht?
Nur wenige von zahlreichen „Beispielen“, die dir vielleicht deutlich machen, warum ausgerechnet dein letzter Blog mich einfach nur wütend macht.
Ups, das musste ich jetzt einfach mal loswerden, aber für mich gibt es nichts Schlimmeres, als Menschenverachtung mit deren weniger unangenehmen Gedanken vermeintlicher Toleranz und Achtung zu verbrämen. Und am Ende haben wir uns alle lieb.
Sorry, wenn ich das so hart sage, aber das Relativieren hat noch keiner Frau das Leben gerettet, außer uns … satten … vielleicht …
LG Andrea
@Andrea
diese ganze Diskussion habe ich (u.a. mit meiner Mutter) schon sehr oft geführt. Nein ich habe nicht gesagt, dass die arabisch-islamische Welt gaaaanz toll für Frauen sei…! Aber dennoch kann sie dem Westen in gewissen Punkten auch einen Spiegel vorhalten, z.b. dass hier die Frauen zwar freier sind und in die Öffentlichkeit können- aber eben weil sie im Bewusstsein verdrängt werden und daher hier eine Art Eingeschlechtersystem herrscht (das männlich ist).
In den drei Jahren in denen ich dort gearbeitet habe (mit mehr Frauen als Männern) habe ich einen anderen Blick auf die westliche Welt/Kultur bekommen. Sowohl auf ihre posiven- als auch auf ihre Schattenseiten. Und manchmal ist es ganz gut auch mal auf die „Gegenseite“ (also Frauen aus anderen Kulturkreisen) zu hören, und was sie selbst zu dem Thema Frauenemapzipation zu sagen haben. Es gibt nämlich durchaus auch sehr differenzierte Gegenstimmen, die die westliche Form nicht unbedingt für das völlige nonplusultra halten. Gegenseitiges Zuhören und dann voneinander lernen – und nicht die „armen Musliminen/Araberinnen“ ect immer nur als Opfer sehen, denen man dann als freie westliche Frau dann sagen kann wo es langgeht. Klar manchmal kann man das, aber eben nicht in allen Punkten.
Vielleicht sollte ich noch mal einen Artikel schreiben, in dem ich konkret die Geschichten aufschreibe, die ich dort so erlebt habe. (War übrigens ein irakischer Verein und keine Wirtschafts-sondern politische Flüchtlinge. dh. die Leute waren sehr gebildet und eher nicht religiös.) Ich habe mich auch mit den Frauen angefreundet, mit zweien bin ich sogar in den Urlaub gefahren, und mit einer gab es Liebe…
Eine kleine Begebenheit kann ich schon mal hier schildern: Madjida war eine ca 48jährige Irakerin, die aus einer Bagdader Künstlerfamilie stammte. Nach der Scheidung von ihrem deutschen Mann suchte sie hier nach Freundinnen, bzw nach einer Frauengruppe, wie sie es vom arabischen Raum her kannte. Sie klapperte alle Frauenvereine in Berlin ab und wunderte sich sehr, und meinte dann zu mir: „Wenn hier in Deutschland Frauen zusammen sind, sind es immer nur Lesben…“
Das meine ich ua mit Trennung der Frauen hier.
Ja, das würde mich sehr freuen, mehr von den realen, selbst erlebten Geschichten zu hören. Das ist ja gerade das Tolle an diesem Blog, dass er nicht theoretisiert (das kenne ich schon aus der Uni, hat mich zwar damals sehr fasziniert, queer usw., aber nicht wirklich geholfen, mir meine Identität oder wie man es nennen soll zusammenzubasteln), sondern Erfahrungen, ganz eigene, schildert, und eben auch mal „politisch unkorrekte“ Gedanken produziert.
Ich habe kürzlich auch eine winzig kleine Begebenheit erlebt, die mir nicht aus dem Kopf gehen will. Wie auch, es ist mit einer meiner besten Freundinnen passiert. Und ich habe gerade überlegt, in welcher Kategorie ich das denn schreiben soll. Da mir nun aber eingefallen ist, dass diese meine gute Freundin beruflich sehr viel mit ägyptischen Studentinnen zu tun hat und auch gerade wieder davon erzählte, wie nett und süß sie zu ihr (als Dozentin) seien – sie war auch schon öfters in Kairo und hat dort an einer Uni, wo nur Frauen sind, unterrichtet – so passt es doch irgendwie Hier hin. Aber ich kann natürlich echt nicht sagen, dass das wirklich einen Zusammenhang mit dem, was ich nun schildere, hat.
Es ist einfach eine winzige Episode auf dem Weg, mich selbst zusammenzubasteln, als (auch oder nur) frauenliebende Frau.
Ich war an Silvester mit einer kleinen Gruppe von sehr guten Freunden weg. Das war seit langem mal wieder so, da ich ja kleine Kinder habe, die aber ausnahmsweise mit ihrem Vater, meinem Ex-Freund, über Silvester verreist waren. So konnte ich mich sehr frei fühlen und habe das sehr genossen.
Es war schon spät, vielleicht 3 Uhr nachts, wir waren in einem Club und saßen gerade am Rand, meine Freundin neben mir, aber ein Stück weiter vorne, so dass ich nur ihren Rücken sah. Sie weiß sehr viel über meine Verliebtheit und die ganze Geschichte mit der Frau letztes Jahr. Ich kenne sie gut, ich vertraue ihr, obwohl sie vieles auch nicht oder sehr langsam nur von sich preisgibt. Mein Blick fiel auf ihren Rücken und plötzlich und wie vom Himmel gefallen wollte ich sie anfassen. Ich dachte sofort nein, das darf ich nicht tun. Nun war die Stimmung aber sehr gut, wir hatten natürlich auch schon etwas getrunken und nach kurzem Hin und Her Überlegen berührte ich sie flüchtig. Naja doch deutlich genug, dass sie sich umdrehte. Und: Sie lächelte! Drehte sich wieder zurück und ich machte einfach weiter und sie ließ es geschehen. Das wurde dann nach kurzer Zeit durch irgendetwas unterbrochen, es war aber sehr schön.. (Ich sage mal noch dazu, dass das für mich bis zu dem Zeitpunkt eine absolute Unmöglichkeit war, einer Freundin einfach den Rücken zu streicheln, einfach so.)
Das Erstaunliche nun aber ist, dass mir scheint, sie verhält sich mir gegenüber seit dem anders, und zwar gar nicht abweisender, sondern ganz im Gegenteil, ich spüre da eine ganz neue Verbindung zwischen uns, sie lächelt mich ständig ganz offen an, wir umarmen uns öfter (zwar ebenfalls wieder in Partysituationen), und sie sagte kürzlich zum Abschied zu mir „schöne Frau“, was, bei ihrer eher nüchternen Art, die sie sonst bisweilen an den Tag legt, wirklich bemerkenswert ist.
Sie ist gerade in einer sehr offenen Phase, da sie von ihrem Freund getrennt ist und auch einen Liebhaber hat, in den sie zwar nicht verliebt ist, es ihr aber trotzdem sehr gut gefällt, das mag eine Erklärung für ihr Verhalten sein.
Es ist schon ein bisschen wie ein Flirt, und das macht mir zwar Spaß, weil wiederum (wie bei der anderen Geschichte) ich es war, die das initiiert hat (Aktivität!), aber es verunsichert mich auch. Wie soll ich jetzt damit umgehen? Es hat mich wirklich so unsicher gemacht, dass ich an diesem letzten Abend gar nicht mehr ihre Nähe gesucht habe. Wir haben uns dann Stunden später auch eher nach Ritual verabschiedet, also nichts Flirtiges mehr.
Dennoch, das ganze verwirrt mich schon etwas, auch vor dem Hintergrund, dass wir zum ersten Mal eine gemeinsame Reise planen.
Hmm…
@Manu
Nicht hmm, sondern mmh …
sorry, vielleicht etwas deplaziert, aber … um auf deine Frage von wegen Unsicherheit zu antworten, kann ich dir tatsächlich nur einen einzigen, kurz formulierten Rat geben: Hör‘ auf das, was dein Herz dir sagt, lass‘ einfach alles verstehen, begreifen und erklären Wollende mal ganz außen vor. Lass‘ dich von deinem Gefühl leiten, nicht vom Verstand, der sagt bei solch zarten Bandeleien eh meist „Nein“, gleichwohl bin ich überzeugt, dass deine offenen Sinne dich leiten werden. Sei nicht traurig oder enttäuscht, wenn du zurückgewiesen werden solltest … aber so, wie du es schilderst, glaube ich nicht an eine Abfuhr, ein bisschen Mut gehört schon dazu, ein bisschen was an Überwindung, eben genau das zu tun, was alle Ratio vielleicht verbieten würde, nämlich – ganz einfach – das Herz den ersten bzw nächsten Schritt wagen zu lassen, vertrau einfach deinem Gefühl, denn das ist – wenn du ganz ehrlich zu dir selbst bist – das nicht unbedingt Einzige aber doch Echte, das dich noch nie betrogen hat.
LG Andrea
Liebe Andrea, Moment mal! Finde es auf jeden Fall sehr lustig, dass sich jemand dafür interessiert, ich mag solche Feinheiten auch gerne. „hmm“ gibt es auch hochoffiziell, wobei mir das aber eigentlich egal ist.
Für mich bedeutet es Überlegen, Zweifeln, eben Unsicherheit, Innehalten. Hmm eben. Dieses „mmh“ hat für mich eher was von Bedauern, von Entschuldigung. Ist mir jedenfalls schon in diesem Zusammenhang begegnet.
Es gibt sogar einen Link dazu: http://www.wer-weiss-was.de/theme244/article4822206.html. Da haben sich Leute mehr oder weniger professionell dazu ausgelassen.
Und zum eigentlichen Thema: Es ging für mich erst mal eher in die Richtung, dass meine Freundin anscheinend Spaß daran hat (genau wie ich) mit Frauen (oder auch nur mit mir) zu flirten. Und das verwirrt mich schon, bzw. das hätte ich gar nicht für möglich gehalten. Ich will da auch gar nicht mehr reininterpretieren, denn sie steht wirklich eher auf Männer, denke ich. Solls ja auch geben….
Und mein Herz klopft bei meiner alten Geschichte (leider immer noch) viel mehr.
Danke auf jeden Fall für deinen Kommentar. Grüße, Manu
@Manu,
Wie alt ist denn deine Freundin?
ich habe gestern Abend lange nachgedacht, u.a. über diese Flirtereien, die ich oft zwischen jüngeren Frauen erlebe. An meiner Hochschule geht es oberflächlich ziemlich locker zu, wir sind zu etwa 90 % Frauen (Gesangsstudentinnen) und es wird viel geschmust, geflirtet und das auch teilweise sehr sexuell. Ich denke mittlerweile, dass ich dies irgendwie verursacht habe, weil ich mal aus Spaß mit ein paar Freundinnen „rumgemacht“ habe und die anderen fanden das lustig und haben es nachgemacht.
Aber natürlich heißt das bei jungen Frauen nicht viel, es läuft alles unter dem label „bi“. Ich halte mich da mittlerweile eher raus, da ich mit Frauen in meinem Alter nicht viel anfangen kann (da sie ihren Wert sehr von der Bestätigung der Männern abhängig machen und denken, dass für sie alles gut läuft im Leben, sie sind noch im geschützen Umfeld der Uni, nicht berufstätig und nehmen Sexismus einfach so hin usw.). Ich hatte eine „Beziehung“ mit einer gleichaltrigen Freundin, (funktionierte nur schwer aus den oben genannten Gründen und weil sie von mir eine Art „Hetero-Beziehung“ erwartet hat und mit meiner Verliebtheit in eine Professorin an unserer Hochschule nicht so gut umgehen konnte)aber eher als Ersatz , da die älteren Frauen, in die ich wirklich mit ganzer Seele verliebt war immer verheiratet waren.
Bei älteren Frauen ist es anders. Klar gibt es auch manche, die sich als“bi“ sehen (eher die einfach gestrickten), aber sensible Frauen wissen ganz genau, dass es mehr bedeutet als „rummachen“. Sie sind bewusster und besitzen Autorität, d. h. sie tragen mehr Verantwortung für ihr Handeln, deswegen ist es für sie viel schwerer auf eine andere (ältere) Frau zuzugehen. Es ist also gut, sich zusammen an die Sache langsam, Stück für Stück heranzutasten… sich zu öffnen und ehrlich seine Gefühle zu zeigen – das macht einen für andere sehr liebenswert…
@Manu
Ich hatte das „mmh“ von andreashava mehr als etwas Positives aufgefasst. Dass du anstatt zu zweifeln und dir Sorgen zu machen eher vorfreudig sein solltest. „mmh“ drückt für mich in dem Zusammenhang Genuss aus. :) „hmm…“ drückt dein Grübeln aus und „mmh“ sagst du z.B. wenn du an einer leckeren Speise kostest. xD Du sollst intuitiver agieren und weniger denken. :P
also mal ganz konkret: die dame, in die ich immer noch irgendwie verliebt bin, schreibt ziemlich oft „mmh“ in ihren sms. das ist dann aber eigentlich immer, wenn sie mir absagt. so nach dem motto: heute geht es nicht … mmh …
es könnte natürlich auch etwas mit überlegen zu tun haben, aber für mich ist es eher der hundeblick: „sei mir nicht böse“.
Oder meintest du, dass andreashava mit ihrem „Nicht hmm, sondern mmh …“ mir einfach sagen wollte, dass ich nicht überlegen, sondern genießen soll? Stimmt, das könnte wohl sein!
ach gott, also manchmal denke ich auch, dass meine wahrnehmung irgendwie gestört ist und ich einfach zu viel denke. da habt ihr sicherlich recht. (das kommt dann wo ganz anders her. zum großen teil auch von meinem elternhaus, wo alles sinnliche, körperliche, hauptsächlich auf sport und schlank sein reduziert war – andere geschichte).
Genau deshalb finde ich meine neue, aktivere „sinnlichkeit“ ja auch so spannend, und mir macht es schon spaß, diese kleinen begebenheiten auch zu analysieren.
@Manu
Danke Sarah, dieses kleine Missverständnis zur Interpretationsfähigkeit von „Hmm“ oder „mmh“ hatte ich genauso gemeint, wie du es offenbar auch siehst.
Dass so ein paar in umgekehrter Reihenfolge angeordnete Konsonanten Anlass für Dissonanzen geben könnten, müsste ich dann doch glatt mit „Ups“ bzw. „Puh“ kommentieren … mit unkalkulieren Folgen, also lasse ich die Komiksprache als Mittel der bildhaften Darstellung von Gefühlsregungen künftig außen vor.
Ja, eigentlich wollte ich mit meinem Beitrag zu Manus Posting, etwas mehr auf das eigene Herz zu hören, statt sich in selbstaufreibenden Grübeleien zu verlieren, einer oft und vor allem von jüngeren Frauen vernachlässigten Eigenschaft das Wort reden, und das ist unsere intuitive Kraft. Mal etwas provokant gesagt: Ich glaube, dass viele jüngere Frauen, die mit dem fragwürdigen medialen Druck des sich ständig und überall zeigen und in Nebensächlichkeiten beweisen Müssens aufgewachsen sind, gar nicht wissen, dass sie so etwas Kostbares besitzen … wie weibliche Intuition.
LG Andrea
… die sich sicher ist, dass Sarah mit „intuitiver agieren und weniger denken“ nicht das Denken in Frage gestellt hat sondern das übermäßige Grübeln. (Nicht, dass das auch noch Missverständnisse gibt.)
Danke ich werde über die weibliche Intuition nachdenken :-)
@Sophia
„sich zu öffnen und ehrlich seine Gefühle zu zeigen – das macht einen für andere sehr liebenswert…“
Ja, das hast du schön gesagt. Ich glaube, das ist es. Ich glaube, sie schätzt meine neue Offenheit und findet es liebenswert.
Als ich meine Freundin das ganze letzte Jahr immer wieder von meiner Verliebtheit in die andere „vollgequatscht“ habe, da hatte sich zwischen uns zwar eine Art größeres Vertrauen entwickelt (da sie das ja auch sehr ernst genommen hat), aber es gab diese Sinnlichkeit, die nun plötzlich aufgetaucht ist, noch nicht. Naja, wir haben uns vielleicht etwas inniger umarmt, das könnte schon sein. Einmal haben wir uns auch auf meinen Wunsch ein bisschen aneinandergekuschelt, aber das hatte eine ganz andere Qualität, es war rein freundschaftlich und eher, um mich zu trösten.
Sie ist übrigens 33, aber das hat glaube ich nicht so viel zu bedeuten. Denn sie ist eben eigentlich nicht so wie die, die du da in deinem Uni-Umfeld beschrieben hast. (Nun bin ich die letzten Jahre nicht gerade oft mit ihr ausgegangen wg. Kindern, und sie hatte auch immer einen Freund, aber sie ist absolut nicht oberflächlich und bei solchen Spielereien kann ich sie mir echt nicht vorstellen). Ich kenne solche (jungen) Frauen auch, die es oft wegen Show machen, und um die Aufmerksamkeit der Männer auf sich zu ziehen, aber so schätze ich sie nicht ein.
Sie ist sich ihrer Handlungen normalerweise vollkommen bewusst, auch eher ein rationaler Typ, sehr konzentriert und auch zielstrebig. Gefühle, Berührungen, kommen eher selten bei ihr vor – und bei mir bislang auch.
Naja, ich will das auch nicht überbewerten, es geht mir ja nicht nur um sie, sondern um diese neue Sinnlichkeit bei mir, ein ganz anderes Gefühl, eine ganz neue Art, mit Leuten umzugehen. Ich hatte mir bislang immer Freunde ausgesucht, die das schon haben (auch öfter aus anderen Kulturen, wo das eben normal ist), aber jetzt will ich das selber tun. Und es ist spannend.
Die Frau, in die ich wie gesagt immer noch etwas verliebt bin, ist 13 Jahre älter als ich, ja. Da spielt das Alter auf jeden Fall eine Rolle. Sie hat mich sehr fasziniert, aber das führt jetzt zu weit….