Teil V: Vermasseln von „Dates“

Irgendwann, wenn man soweit ist, sich die Liebe zu Frauen einzugestehen, und man an Lebenserfahrung gereift (und durch das Lesen unserer Seite) bewusster geworden ist, wird es die Situation geben, dass eine Frau, die man mag, einem mehr als deutlich sexuelle Singale sendet. Beide spüren die neuartige Intimität, den intuitiven Herzensraum, der sich mit der Zeit zwischen ihnen entwickelt hat. Knisternde Erotik liegt in der Luft, man kommuniziert mit Blicken und vergewissert sich jedesmal, wenn man sich wiedersieht, nach der Aufmerksamkeit und Zuwendung der Anderen. Es fließt viel Energie, durch Blicke, direktes In-die-Augen-Schauen, durch zarte, scheinbar zufällige Berührungen und es gibt eine energetische Verbindung, ein unsichtbares Band, welches zwischen beiden besteht, sogar in den Träumen jenseits von Zeit und Raum.

Die Energie ist ein starkes Kommunikationsmittel, an ihr lässt sich erkennen, inwieweit eine Frau (sexuell) auf einen bezogen ist, wie sie zu einem steht. Das kann sich von Mal zu Mal ändern, es ist nie die gleiche Energie, die fließt und an der Art und Weise, wie eine Frau einen berührt kann man viel für die Zukunft der Verbindung deuten (ich möchte das erotische Verhältnis zwischen Frauen mal Verbindung nennen, da der Begriff „Beziehung“ viel zu konventionell besetzt ist). Eine Frau kann einem mit ihrer Energie viel Direktes aber auch Wiedersprüchliches kommunizieren: „Ich will dich.“ „Ich will dich, aber du bist so jung.“ „Ich weiß es nicht genau, ich lasse dich entscheiden.“ „Ich habe Angst vor dir, weil ich dich liebe (mich in dich hineinsteigere).“ „Ich liebe dich.“ „Ich verehre dich.“ „Ich hasse dich (weil du mich in etwas hineingezogen hast, wo es kein Zurück gibt).“ „Ich hasse dich (weil du mein Herz gebrochen hast).“…

Die Kommunikation zwischen Frauen ist also subtil und bildhaft – sie spiegelt sich nicht in dem was direkt, sondern eher indirekt in den Nebensätzen gesagt wird, in der Körpersprache, in bestimmten Gesten und in der Energie, die man sich ständig zusendet. Es setzt eine gewisse emotionale/intuitive Reife vorraus, um diese „geheime“ Sprache entschlüsseln zu können und dann die neue Verbindung, die entstanden ist, in eine bestimmte Richtung zu lenken.
Wenn das Verhältnis zwischen zwei Frauen sich langsam auf eine stärkere Körperlichkeit zubewegt, die Energie, die sich beide senden, also sexueller wird und nach mehr konkreter Aktivität verlangt, wird es zu dem Phänomen kommen, welches ich mal als „Vermasseln“ oder „Nicht-Hinkriegen“ benennen möchte.
Beide wollen es, haben aber Angst. Angst vor der Aktivität und somit der Verantwortung für diesen gesellschaftlichen Tabubruch, der mit ihrer Liebe verbunden ist, Angst vor dem „sich ausziehen“, sich der anderen sowohl körperlich als auch seelisch nackt zu offenbaren, vor ihr rollenlos und verletzbar zu sein.
Es drängen sich plötzlich viele Fragen auf: Wird sie mich so nehmen, wie ich bin? Wird sie meinen nicht perfekten oder älteren Körper begehren können – wird sie mit meiner Bedürftigkeit klarkommen, die ich bis jetzt so gut vor ihr versteckt habe.

All dies bedeutet, dass, auch wenn die „Notgeilheit“ zwischen Frauen extrem stark ist, ihre konkrete Umsetzung einen enormen Stress erzeugt, da ein innerer Prozesse in Gang gesetzt wird, der sich auf das ganze Leben auswirken kann. Wenn z. B. die eine Frau sich regelmäßig von ihrem Ehemann beschlafen lässt, wird sie vielleicht in das selbe passive und zulassende Verhaltensmuster bei der anderen fallen und braucht Zeit um sich überhaupt dessen bewusst zu werden und um auf das „Neue“ umzuschalten. Die andere wird dies, wenn sie nicht so bewusst ist, vielleicht als Zurückweisung missverstehen und denken, dass die andere sie nicht begehrt und eben doch „hetero“ sei. So entstehen viele Missverständnisse und beide „traumatisieren“ sich gegenseitig, da sie noch in ihren jeweiligen inneren individuellen Entwicklungsprozessen feststecken, mit ihren eigenen Unzulänglichkeiten beschäftigt sind und die andere somit noch nicht richtig wahrnehmen können. Beide Frauen müssen sich mit ihrem Frausein, sowohl im privaten als auch beruflichen Bereich, auseinandersetzen und werden an ihre Grenzen gebracht. Für viele Frauen ist es etwas total Neues selbst etwas zu wollen und für sich einzufordern, deswegen wirkt sich die Frauenliebe auf ihr ganzes Leben aus und macht ihnen plötzlich Dinge bewusst, die sie eigentlich immer störten, aber nie in Frage stellten, da sie als gesellschaftlich „normal“ galten.

Im Folgenden habe ich hier ein Beispiel reingestellt, wie ein vermasseltes „Date“ ablaufen kann. An diesem möchte anschießend erörtern, warum es mit dem Sexuellen (welches beide wollten) auf Grund von Missverständnissen nicht klappen konnte und wie man es dann nächstes Mal vielleicht besser machen könnte.

Das „Date“

Angelika, ca. mitte Fünfzig ist die attraktive Yogalehrerin der 35jährigen Manuela. Zwischen beiden hat sich mit der Zeit ein intensive, liebevolle Verbindung entwickelt und Angelika schlägt Manuela nun vor, ein gemeinsames Wochenende zusammen mit einer jüngeren Kollegin auf dem Land zu verbringen…

Die Hinfahrt:
Die Eva, die mitfuhr, diese andere Kollegin von Angelika, war anfangs mir gegenüber reserviert und hat mir schon zu Anfang den Platz neben Angelika vorne im Auto weggeschnappt mit der Begründung, ihr würde schnell schlecht, wenn sie hinten sitzt beim Fahren. Sie selbst ist auch verheiratet und sie hat das ganze Wochenende so gewirkt, als merke sie tatsächlich nicht, was da zwischen Angelika und mir abläuft.

Im Hotelzimmer:
Es gab ein Doppelbett und ein Ehebett. Angelika ging zielstrebig ins Ehebettzimmer und Eva zunächst ins Doppelbettzimmer und ich stand im wahrsten Sinne des Wortes „zwischen Tür und Angel“. Angelika machte keine Anstalten die Situation zu klären, obwohl sie die Älteste war.
Da frägt Eva plötzlich die Angelika, ob sie bei ihr im Zimmer schlafen könne. Angelika erwiderte ein eher gedrücktes und wenig überzeugendes „ja“. Und ich koche innerlich vor Enttäuschung und fühle mich ausgegrenzt und verraten. Aus Trotz erwähne ich Eva gegenüber, sodass Angelika es hören kann, meinen Exfreund. Ich bekam Angst, dass die Eva und die Angelika schon was miteinander haben oder dass die Eva auch was von Angelika will – aber diese Befürchtung konnte ich dann fallen lassen im Laufe des Wochenendes.

Besuch des Kräutergartens:
Eva ist auf der Toilette und Angelika sagt zu mir: „Komm, wir gehen schonmal vor“; dabei berührt sie wie zufällig meinen Arm und tut dann so, als ob sie sich nonverbal dafür entschuldigen wolle und streicht dabei ganz zärtlich über meine Hand. Mir wird ganz warm. Ich spüre sofort körperliche Verbundenheit; es wirkt wie eine Geste des Einverständnisses.

Die Wanderung:
Angelika und ich laufen nebeneinander. Ich spüre, wie ihr Arm im gehen meinen streift; dann streift meiner ihren und dann passiert es immer wieder, da wir beide die Situation offensichtlich bewusst suchen. Immer wieder Phasen, wo jeder alleine für sich läuft. Das ist wohltuend. Wir sind zwei eigenständige Persönlichkeiten und müssen nicht ständig zusammenkleben. Dann wieder Phasen, wo wir zueinander finden.
Dann Aufstiege und Abstiege: Angelika fragt mich: „Hast du Angst?“
Ich sag: „Nein.“
Sie hilft mir beim Aufstieg, indem sie mich am Po nach oben schiebt.
Sie hilft mir beim Abstieg, indem sie mich am Oberschenkel berührt.
Sie lobt meine glänzenden Haare. Das erste Kompliment bezüglich meines Körpers.

Rückkehr ins Hotel:
Der Wirt flirtet mit Angelika; er würdigt Eva und mich keines Blickes. Sie scheint die stärkste Ausstrahlung zu haben. Sie selbst bemerkt das mit dem Wirt ebenfalls und ich sage ihr flachsend, dass ich es auch bemerkt habe und sie ja ihre Chance nicht richtig nützen würde. Wir witzeln.

Das Duschen:
Angelika läuft frisch geduscht mit einem Handtuch um den Körper an mir vorbei, nein nicht in ihr Zimmer, sondern in meines, um aus meinem Zimmer aus dem Fenster zu schauen ;-) Als ich mich kämmen möchte und frage,ob sie schon fertig ist, sagt sie, ich solle doch zu ihr ins Bad kommen und könne mich neben ihr kämmen. Sie ist da bereits angezogen. Sie föhnt sich, ich kämme mich und frage sie um Rat, ob die Frisur sitzt. Es ist sehr erotisch, sich mit einer anderen Frau zusammen im Bad fertig zu machen. Nachdem sie sich ausgiebig geschminkt hat, wirft sie mir einen tiefen Blick zu, als wolle sie fragen: „Gefalle ich dir?“

Das Abendessen:
Was mich stört: Sie weiß, was sie will. sie bestimmt recht viel auf sanfte Art und Weise, da sie die Älteste ist. Sie kommuniziert auch klar und deutlich, was sie nicht will. Sie nimmt sich grundsätzlich zuerst von den Essensplatten und fängt auch an zu essen, obwohl noch nicht jeder was auf dem Teller hat. Ich möchte nicht so kleinlich denken, aber es stört mich etwas, weil das wieder ein Stück ihres auch egozentrischen Wesens zeigt. Beim Essen sagte sie, sie würde ihrem Mann nicht jeden Seitensprung beichten. Das führe ja zu nix.

Der Abendspaziergang:
Beide, vor allem Angelika wollen mich dazu überreden, dass ich ihnen was vorsinge. Beide setzen ihren ganzen Charme rein und es wird geflirtet, geschmerzt, die Stimmung ist locker und verspielt. Wir machen Witze über das T-shirt von Eva, die eine große Kuh als Motiv drauf hat. Die Assoziation „Euter“ kommt uns in den Sinn.
Angelika sagt: „Da kommen dann die Kühe zum ablecken“ und sieht mich an. Ich lächle frech zurück.

Der Abend:
Wir sitzen in drei Liegestühlen. Wir haben vor, bis der Sternenhimmel erscheint, draußen zu sitzen. Wieder möchte Angelika, dass ich was singe. Nach einer weile witzeln und scherzen, singe ich endlich ein paar Takte und muss ständig lachen.
Angelika sagt: „Ich finde das schön, wenn du lachst.“
Ich habe die Idee, dass wir ein Märchen zusammen schreiben. Beide sind begeistert. Ich nenne es: Die drei Hexen. Jeder schreibt ein paar Zeilen dazu. Immer, wenn Angelika mir das Blatt und den Stift reicht, macht sie es so, dass sich unsere Hände berühren. Leider wird sie generell früh müde. Sie hat einen anderen Biorhythmus und ist ja auch älter. Um 21.30 Uhr verabschiedet sie sich. Sie ist wohl müde von der Fahrt. Mir gibt es einen Stich ins Herz. Zu gerne wäre ich mit ihr alleine im Dunkeln gesessen – die ganze Nacht lang. Wieder eines ihrer Prinzipien, die sie streng durchhält. Sie ist müde, also geht sie ins Bett. Ich hätte die ganze Nacht wach gesessen, um bei ihr zu sein. Ist ihr das gar nicht wichtig??

Nun sitze ich alleine mit Eva und es wird noch ne Weile dauern, bis es dunkel ist. Aber die Zeit des wartens schweißt uns zusammen. Wir öffnen uns einander immer mehr, reden über dies und das. Sie lässt ein paar kritische Töne über Angelika los: Dass diese sehr anstrengend sein könne und dass sie (Eva) es nicht ganz verstehen kann, warum Angelika so hart zu ihrem Mann ist; er sei doch so ein lieber Mensch. Angelika sei da grad auf so einem komischen Trip und verhalte sich sehr rücksichtslos. Als die Sterne am Himmel zu sehen sind, kommen Eva und ich ins philosophieren. Sie fühlt sich offenbar sehr von mir verstanden und wirkt viel offener mir gegenüber, als sie es Angelika gegenüber scheint im Gespräch. Sie wird mir immer sympathischer – als normale Freundin. Sie ist glücklich mit ihrem Mann, von dem sie mir viel erzählt. Wir gehen spät ins Bett. Angelika scheint zu schlafen.

Der nächste Morgen:
Ich sitze angezogen vor meinem Fenster und blicke hinaus. Ich weiß nicht, ob die beiden schon alleine frühstücken sind und wage es nicht, zu klopfen. Da öffnet sich die Eingangstür. Angelika kommt rein. Sie freut sich offensichtlich, mich zu sehen und mich alleine anzutreffen und setzt sich zu mir. Sie wirft mir einen aufregenden Blick zu. Sie erwähnt, sie habe auch nicht gut geschlafen. Ihr Kopf sei voll gewesen und sie habe ab und zu aus dem Fenster nach uns geschaut und uns leise reden hören. Sie habe erst in Ruhe schlafen können, als Eva neben ihr im Bett lag.

Sie sagt, sie sei grad alleine am See meditieren gewesen und dann: „Ich glaube, mich hat eine Ameise gebissen. Kannst du mal nachschauen?“
Sie beginnt sich auszuziehen. Nicht nur das Hemd, auch das T-shirt. Am Ende sitzt sie im BH vor mir und ich soll nach dem Ameisenbiss schauen. Ich bin völlig verwirrt und muss innerlich fast schmunzeln über ihre gewagte Avance. Brav schaue ich nach dem Ameisenbiss und berühre vorsichtig und zart ihren Rücken. Aber der Ameisenbiss will sich einfach nicht finden lassen ;-) Ich setzt mich zurück in den Stuhl. Angelika bleibt im BH vor mir sitzen. Ich muss innerlich weiterhin lächeln. Es ist irgendwie süß, wie sie sich bemüht, wie sie sich versucht hinzugeben. Ich vermassle es. Ich bleibe sitzen und tue so, als sei es nur um den Ameisenbiss gegangen. Nach einer Weile zieht sie sich wieder an.

Der Spaziergang:
Angelika ist heute kühler mit gegenüber. Sie läuft viel alleine. Wir reden ab und zu, aber ich komme nicht wirklich an sie dran. Sie ist sehr bei sich. Wahrscheinlich hab ich sie verletzt, weil ich sie in der BH-Situation nicht aufgefangen hahe. Wir machen ein Foto zu dritt. Sie steht in der Mitte. Als ich später das Foto ausdrucke, sehe ich, wie sehr sich unsere Körper auf dem Foto einander öffnen und zueinander neigen. Um unsere Köpfe ist eine liebevolle Energie und Nähe erkennbar.
In einer Hütte nehmen wir etwas zu drinken. Angelika stellt erst den Rucksack zwischen sich und mich, dann nimmt sie ihn weg und setzt sich neben mich. Sie neigt sich mit dem Oberkörper zu mir, als wolle sie mich im sitzen im Arm halten, wie Männer das als tun, wenn sie mit einer Frau auf einer Bank sitzen. Es ist sehr erotisch für mich.
Dann reden wir über Handlesen. Ich sage, man kann an einem Dreieck in der Daumengrube erkennen, ob jemand Heilkräfte hat. Ich sage, dass ich solch ein Dreieck habe. Angelika nimmt meine Hand und schaut nach bei mir. Sie hält meine Hand länger als sie müsste und es fließt viel zärtliche Energie. Dann nehme ich ihre Hand in meine und schaue bei ihr nach dem Dreieck. Sie nimmt meine Hand dann nochmals, um etwas nachzuschauen.
Das war für mich mit der inngste Moment der ganzen zwei Tage. Dieses zärtliche Halten der Hände. Ich habe auch Evas Hand kurz begutachtet. Da floss aber gar nix ;-)

Auch auf demRückweg wirkt Angelika sehr in sich zurückgezogen. Wieder im Hotel, bilde ich mir kurz ein, dass die beiden über mich reden. Aus dem Bad vernehme ich ein paar eigentlich nichtssagende Wortsätze, es wirkt wie Tuscheln oder Gehetze, ich höre  dabei das Wort „Verletzung“ raus und werde innerlich voll „neurotisch“ wie du sagen würdest. Ich komme still und zusammengeduckt aus dem Bad und Angelika frägt sofort, ob alles in Ordnung sei. Ich sage ihr lapidar, dass ich bald meine Tage bekomme. Sie nimmt mir das nicht ab, schweigt aber. Ich ziehe mich eine Weile vor den beiden zurück und spiele die Beleidigte. Dabei hatten sie wahrscheinlich gar nicht über mich geredet. Sie sind beide nett zu mir und die dichte Stimmung löst sich aber nur zähflüssig wieder auf.

Im Lokal:
Ich setze mich trotzig extra nicht neben Angelika. Aus dem Augenwinkel nehme ich wahr, wie sie sich erst gegenüber Eva setzen möchte, dann aber den Platz wechselt und sich mir gegenüber setzt. Angelika telefoniert mit ihrem Mann über das Handy am Tisch.
Wir reden später über England. Angelika spürt meine Liebe zu diesem Land und frägt mich, ob ich schon mal in London war. Als ich bejahe, sagte sie: Dann nehme ich dich mal mit nach London, und du zeigst mir alles.
Wir gehen noch woanders einen Kaffee trinken. Angelika wirkt etwas distanziert mir gegenüber. Sie wird wohl aus meinem etwas wirren Verhalten nicht schlau. Da nehme ich aber, als wir ein paar Worte miteinander wechseln, alle Liebe und Kraft nochmals zusammen und schicke ihr über die Augen viel liebevolle intensive Energie — und ihre Augen reagieren. Es ist, als würden wir uns über die Blicke die Hände reichen, als würden sich Tore öffnen! Es liegt ein Lächeln in ihren Augen. Ich bin ihr so dankbar dafür.

Wir gehen danach noch in einen romantisch-verspielten Heilkräutergarten. Angelika läuft alleine. Ich laufe mit Eva zusammen und bin froh, dass sie heute so viel mit mir spricht. Es ist die ganzen zwei Tage sehr entlastend, dass sie da ist. Sie wirkt wie ein „Puffer“ zwischen Angelika und mir, wenn bei uns beiden grad mal wieder eine Blockade ist oder wir grad nicht miteinander reden können aus Verlegenheit.

Die Rückfahrt:
Angelika muss sich sehr konzentrieren. Sie redet wenig mit uns und ich spreche wieder mehr mit Eva. Ich frage Angelika, wann wir ankommen werden. Später frägt sie, ob ich heute noch ein Rendevouz habe, da ich vorher nach der Uhrzeit gefragt habe. Ich sage: „Ja, mit mir selbst.“
Sie scherzt: Das ist gut, da kann man machen, was man will. So löst sich auch ihre wohl heimliche Befürchtung, ich können einen Freund haben, auf.

Zuhause:
Ihr Mann empängt uns schon. Angelika verabschiedet sich recht kurz von uns. Ich hatte auf eine herzliche innige Umarmung gehofft. Aber das geht jetzt nicht. Ihr Mann ist wirklich herzensgut und frägt mich gleich, ob ich Blasen habe. Ich sage zu Angelika: „Ich hoffe, ich bin euch zwei in den zwei Tagen nicht auf die Nerven gegangen.“
Sie erwidert etwas weniger fröhlich: „Der Satz war unnötig.“
Als ob es nicht genug sei, dass ich sowas Blödes von mir gegeben habe, sage ich: „Du, wenn dir das mit dem Massage am Freitag zuviel wird, sag mir einfach Bescheid.“
Sie geht dann auch schnell rein.

Ich habe ihr dann aber am nächsten Tag gemailt und mich für den wunderschönen Kurzurlaub bedankt und dass es mich gefreut hat, dass ich sie (und auch Eva) näher kennenlernen konnte. Sie hat mir heute erst zurückgemailt und aber geschrieben, dass sie sich auch sehr auf Freitag freut und mich herzlich umarmt. Also, ist wieder alles in Ordnung.


Analyse

Angelika hat den Vorschlag gemacht zusammen auf’s Land zu fahren, hat also, da sie älter ist die Initiative ergriffen, und somit die Verantworung für das Vorhaben. Sie hat eine andere Kollegin mitfahren lassen, da diese dann, falls Spannungen aufkommen sollten, dazu da ist das Ganze aufzulockern. Es kann aber auch so sein, dass Eva auch in Angelika verliebt ist und somit Reibungen erzeugt. Man sollte in solch einer Situation von Anfang an die eigenen Chancen gut abschätzen können und genau beobachten, wie das Verhältnis zwischen den anderen beiden Frauen ist.

Der Kardinalfehler passierte wohl schon direkt am Anfang des Wochendendes, als es darum ging wer bei wem schlafen sollte. Hier hatte eindeutig Eva die Gelegenheit ergriffen und sich bei Angelika einquartiert (die nicht wirklich begeistert davon war). Angelika nahm auch noch das Ehebett, d. h. ihre Absicht war es eng mit jemand zusammenzuliegen – vielleicht wird die eine oder andere solch eine Situation kennen – man liegt zusammen im Bett, kuschelt sich aneinander, der Schritt zur Sinnlichkeit ist daher nicht mehr weit und keiner muss den „Verführer“ mimen. Das wäre also die Gelegenheit gewesen. An dieser Stelle ist die typisch weibliche Zurückhaltung also vollkommen fehl am Platz. Es ist besser lieber etwas dominanter und zielgerichteter zu sein, auch wenn man sich erst mal etwas blöd und „notgeil“ vorkommt.

Immer wieder machte Angelika Manuela gegenüber erotische Andeutungen. Wenn eine Frau einen immer wieder scheinbar wie zufällig berührt, dann ist dies niemals Zufall. Angelika versuchte mit Manuela zu kommunzieren, da sie merkte, dass diese von Evas Verhalten irritiert war. Da Angelika älter ist, ist sie die bessere Beobachterin und lenkt das Geschehen am meisten.
Dann die große Frage bei der Wanderung. Den Satz „Hast du Angst?“ hat Angelika auch im metaphorischen Sinne gemeint- hat Manuela Angst sich auf sie einzulassen, wird sie es packen, oder muss Angelika ihr etwas nachhelfen?

„Beim Essen sagte sie, sie würde ihrem Mann nicht jeden Seitensprung beichten. Das führe ja zu nix.“ Angelika hat scheinbar mit ihrem Ehemann ein Arrangement in Bezug auf außereheliche Affären. Das heißt aber auch, dass sie Manuela erst mal oberflächlich als „Affäre“ betrachtet, sich also tiefere Gefühle zu ihr (die aber trotzdem da sind) nicht wirklich eingestehen kann. Manuela dagegen idealisiert Angelika sehr stark, sieht die Sache etwas weniger sexuell und träumt von Liebe und Händchenhalten unterm Sternenhimmel(was auch ok ist). Als Angelika an zweiten Abend schon um 21.30 Uhr ins Bett ging, saß Manuela weiter draußen zusammen mit Eva und war enttäuscht darüber, dass Angelika genau dies nicht mit ihr tat. Angelika sagte ihr am nächsten morgen, sie habe die ganze Nacht wach gelegen und sie und Eva reden hören – was im Subtext heißt, dass sie darauf gewartet hatte, dass Manuela zu ihr ins Bett gekrochen kommt und es dann „zur Sache“ geht.

An dieser Stelle wird das „Rollenproblem“ deutlich, welches „ältere“ und „jüngere“ Frauen miteinander haben können – die ältere wird in den wenigsten Fällen so stark in die jüngere verliebt sein und gibt ihr in Mangel an passenderen Rollen die Rolle eines sie idealisierenden jüngeren Liebhabers, den sie emotional nicht so richtig an sich heranlässt. Die jüngere Frau idealisiert die ältere in den meisten Fällen nämlich auch (und glaubt deswegen noch wesentlich stärker an deren „Heterosexualität“), kann aber nicht in dem Sinne die aktive Rolle übernehmen, wie es ein Mann machen würde – sie ist ja eine Frau, die eine andere Frau begehrt und wird mit der sexuellen Verantwortung, die ja einen enormen gesellschaftlichen Tabubruch darstellt, erst mal überfordert sein. Sie möchte nicht aufdringlich wirken, sich als „Mann“ fühlen, oder gar als Lesbe abgestempelt werden, ist emotional verwirrt, da sie die ältere Frau liebt und diese noch nicht ganz durchschaut. Die Ältere ist lebenserfahrener, müsste eigentlich die Verantworung übernehmen, was sie nicht tut. Sie hat sich der Rolle unterworfen, in die die Gesellschaft sie mit der Zeit hineingepresst hat, ist sexuell frustiert und möchte eigentlich etwas an ihrem Leben ändern, traut sich aber nicht, endgültig diesen Schritt zu gehen. D. h. egal wie alt die andere Frau ist – sie muss versuchen die Situation der anderen zu verstehen und ihr ehrlich die Meinung sagen, damit dieses Rollenproblem älter Frau/jüngerer Liebhaber irgenwie durchbrochen wird – sie darf die andere nicht verehren, sondern muss diese als „Gleiche“ wahrnehmen.

Dann die Stelle mit dem Ameisenbiss der genau diese Rollenkonfusion spiegelt – Angelika zog sich aus und präsentierte sich Manuela als das zu begehrende Sexualobjekt, so als würde sie sagen „Schau, ich bin zwar älter, habe aber immer noch eine tolle Figur“ An dieser Stelle hätte Manuela in irgendeiner Art und Weise aktiv werden sollen, was sie nicht getan hat. Sie wurde aber auch in eine Männerrolle gedrängt, denn Angelika hätte genauso auch sie anfassen können, z. B. Manuela Hand nehmen und langsam auf ihren Körper legen können.
Dies ist eigentlich das klassische Rollenproblem, wie es wahrscheinlich oft zwischen zwei sich begehrenden Frauen vorkommt. Man kennt nur die typischen gesellschaftlichen Geschlechterrollen – „Mann packt Frau“ und sie sagt theatralisch „Ach… nein, bitte nicht, bitte nicht“ (und will es doch) oder so in der Art. Wichtig ist, dass man versuchen soll möglichst aktiv zu sein und irgendetwas zu machen egal wie verrückt das ist – die Frau im BH vor sich sitzen zu lassen ist immer noch schlimmer, als sich wie ein notgeiler Typ vorzukommen.

Wenn eine Frau einem so eindeutig erotische Signale sendet wie Angelika, dann kann man gerade als jüngere Frau ruhig mal „die Sau rauslassen“ und rumprobieren. Auch wenn man das ganze klischeehafte Mann-Frau-Rollenarsenal durchprobieren muss (Humor dabei nicht verlieren!) und es vermasselt – eine Frau, die einen mag wird einem immer wieder eine Chance geben, wenn sie merkt, dass man es versucht. Wichtig ist, dass man kommuniziert und dann irgendwann auch mal Dinge etwas konkreter anspricht. Auch als Jüngere muss man Verantwortung für die andere übernehmen können, ihr zeigen wo es langgeht, ihr eine weibliche, ebenbürtige Autorität sein.

Wer im Übrigen wissen will, wie weibliche sexuelle Aktivität im besten Falle aussehen könnte, der sollte sich die Girlfriendsfilms mit der Darstellerin Persia Monir anschauen. Sie nimmt die Frauen auf erotisch-mütterliche Weise in Besitz und kann als Frau dominant sein, da sie eine starke Persönlichkeit besitzt (ob dies bei ihr privat auch so ist, ist natürlich eine andere Frage).