Um wieder zu dem eigentlichen Thema unseres Blogs zurückzukommen, nämlich der Frauenliebe, will ich hier ein kleines Büchlein vorstellen, das mich unerwartet in seinen Bann gezogen hat. „Der Himmel über Tanger“ ist sein Titel (angelehnt an Paul Bowles „Himmel über der Wüste“ von 1949) ist 2001 rausgekommen und mehr ein Stimmungsbild als eine chronologische Erzählung. Auf 136 Seiten gewährt uns die Schauspielerin Christine Kaufmann Einblicke auf ihr persönliches Tanger (Marokko), der Traumstadt am Mittelmeer, in der sie die fünf verzauberte Jahre verbracht hat.
Der Vater gerade gestorben, die Ehe geschieden, die Kinder längst flügge geworden und die Enkelkinder zu selten zu Besuch, bahnte sich eine Lebenskrise an, die im Allgemeinen mit dem Begriffen „empty nest syndrom“ oder „midlife-crisis“ umschrieben wird. Die Seele ist ausgebrannt, das Haus leer und das eigene Leben endlich geworden und doch noch längst nicht zu Ende. Durch genug eigenes Geld und einem über den Globus verteilten Freundeskreis privilegiert, wählt Christine statt einem Nachttisch voller Antidepressiva lieber die vorwärtsgewandte Flucht und beschließt sich für eine Weile sich in der sagenhaften Literatenstadt niederzulassen.
Kaum dort angekommen infiziert sie sich auch schon mit dem sogenannten „Virus de Tanger“, der mediterran, afrikanisch orientalischen Leichtigkeit des Seins. Von Bekannten zu Bekannten und Villa zu Villa ziehend lernt sie in Laufe der Zeit viel über das Land, seinen Alltag, die bunten Märkte, die verwinkelten Gassen, das Meer, den Himmel und die Touristen. Und sie lernt vor allem die arabischen Frauen kennen und ihre andere Art des In-der-Welt-Seins. Sinnlicher, sich seelisch-körperlich näher kommend und nicht so auf den Mann fixiert:
Sie, Prinzessin Rabea von Deryabar, führte mich in die arabische Frauenwelt ein, die so anders ist, als sie uns im Westen dargestellt wird. An ihr konnte ich für eine Weile den Puls der arabischen Welt fühlen. (S. 19)
Die Bandbreite der marokkanischen Weiblichkeit ist größer als unsere. Gerade die einfachen Frauen lachen sich halb tot über unsere entsinnlichte Gesellschaft. (S. 27)
Die Liebe zwischen den Frauen in Tanger hat viele Schichten. Erst auf dem Weg der westlich definierten Emanzipation wurde das weite Feld der Liebe und Sinnlichkeit parzelliert und benannt (hetero, homo und bi); vielleicht auch nur um die Vermarktung zu vereinfachen. Wie ärmlich im Vergleich zur wärmenden Vielfalt im Orient, wie ich sie im Umkreis von Rabea erlebt habe. (S. 33)
Der Grund für die große innere Emanzipation, wie ich sie in Marokko kennengelernt habe, ist der, dass die orientalische Frau den Mann nicht ernster nimmt, als sie es muss. Sie hat den Mann immer mit anderen Frauen teilen müssen, daher hat sie eine fundamental andere Beziehung zu Frauen. Schon das Küssen bei der Begrüßung ist etwas Eigenes. Es wird nicht flüchtig in die Luft geküsst, beseelt von der Angst, den Lippenstift zu derangieren oder wohlmöglich einen Busen zu spüren. Dies ist eine Form des Schnupperns, eine Art Sprache. Eine wortlose Sprache der Befindlichkeit. (S. 34)
In Tanger hatte die Weltzeit noch ein wenig ihren Atem angehalten, und die literarisch-künstlerischen Salons des 19. Jahrhunderts samt den Romantischen Frauenfreundschaften ein wenig länger als in Europa oder in den USA am Leben gelassen. Trotz (oder gerade wegen) alternativloser Ehe, Kindern und familiär kontrollierten gesellschaftlichen Verpflichtungen, blieb den Frauen immer noch genügend Zeit für die ewig geliebte Jugendfreundin, die hübsche Bedienstete oder die ältere und ewig verehrte Dame übrig. Und auch Christine hatte dort solche Erlebnisse, die sie aber oft kaum zu interpretieren wusste:
Eine Aisha (Bedienstete) schlurft mit bebendem Popo einfach ein paar Schritte in den Garten und kehrt wenige Minuten später mit einem prachtvollen Blumenstrauß in der Hand zurück, der duftet wie die Sommer im meiner Kindheit. […] Die Beziehung zur Herrschaft ist herzlich, voller körperlicher Zärtlichkeit. Vor allem natürlich zwischen den Frauen. (S. 13)
Ich werde mich immer nach der Anwesenheit meiner Fatima (ebenfalls Bedienstete) sehnen, die leise aufräumt und die wahnsinnig gerne mit mir auf den Markt ging (dafür musste ich mich immer hübsch machen, da ich ja im Prinzip ihr gehörte, oder zu ihr gehörte, auf jeden Fall gehörten wir zusammen). Wenn ich badete, kam sie unter einem hauchdünnen Vorwand rein und kommentierte, was ihr an mir gefiel. (S. 26)
Fatima war sehr verschmust, legte sich nach dem Abendessen in meine Nähe und versuchte, mir Arabisch beizubringen und mich mit der arabischen Sprache vertraut zu machen; unter anderem mit Habibi (=Liebling, Schätzchen und Geliebte/r). (S. 123)
Durch eine dramatische Szene, die sich eines Tages bei ihrer „Lieblingsaraberin“ Rabea Prinzessin Deryabar abspielte, wird Christine ein wenig aus ihren idealisierenden Tagträumen gerissen. Der folgende Textausschnitt zeigt einerseits sehr schön die erhaltene Atmosphäre des Salons des 19. Jahrhunderts und klärt aber auch wenig die Frage, ob die Romantischen Freundinnen die Grenze zur (sexuellen) Leidenschaft manchmal überschritten haben oder eben nicht. It depends…:(Ist wohl auch eine Frage der sozialen Schicht. „Prollige“ Frauen gehen meist mehr zur Sache, da sie nicht so sehr durch verinnerlichte Kulturregeln gebremst werden. Das gilt wohl auch für den arabischen Raum und das kann ich auch mit meiner eigenen Lebenserfahrung bestätigen – auch mit arabischen Frauen.)
Auch wenn die Regeln innerhalb des Freundeskreises (aus Freundinnen) eingehalten werden, ist diese Welt der fließenden Zärtlichkeiten, die Welt der gehüteten Schätze ein idealer Boden für maßlose Leidenschaft. Rabeas Haus war der Ort zweier Begebenheiten, deren Details sich in der Stadt so schnell verbreiteten wie die Schwalbenwolken, die man in Tanger so oft sieht.
In der kleinen Truppe, aus der sich das Personal zusammensetzte, hatte Rabea eine Frau, eben Zora, der Schatten. Über all die Jahre hinweg war ihre Zurückhaltung bei meinen Besuchen immer wie ein eisiger Hauch, der mir entgegenkam. Es gab kein Küsse, kein Geschnupper an den Wangen. Das schmale und ausgezehrt wirkende Gesicht tauchte immer nur kurz im Türrahmen auf. Auch servierte sie nie den Tee, wenn ich da war. Eines Tages jedoch brachte sie das schöne silberne Tablett mit den arabeskverzierten Gläsern und der bauchigen Teekanne. Ihre Missbilligung war nicht zu übersehen, und auf meine Frage, ob ihr eine Laus über die Leber gelaufen sei, lachte Rabea ihr kehliges Lachen, zuckte mit den Schultern und entgegnete: »Was willst du, sie ist verrückt nach mir.«
Dies hatte hat sich im Laufe der Jahre zugespitzt. »Allah ist mächtig, nichts bleibt ihm verborgen, und alles kommt ans Licht.« Es geschah folgendes:
Eines Tages gab Rabea eines ihrer erlesenen und an Eleganz kaum zu überbietenden Mittagessen. Auf dem Tisch standen kleine Rosenbouquets aus dem Garten. Voluminöse, intensiv duftende Rosen mit langen, dicken, an der Spitze rötlichen Dornen. Die geladenen Damen waren wie üblich gut gekleidet und die Unterhaltung ein Austausch von Informationen aus aller Welt. Denn man verreiste regelmäßig und hatte Kinder, die in Paris oder New York studierten. Man besuchte Ausstellungen, sah sich die neuesten Filme an und frequentierte die Theater, kurzum, es herrschte die Atmosphäre eines Salons aus dem 19. Jahrhundert.
Eine der anwesenden Damen war die Gattin eines wichtigen Mannes aus Regierungskreisen. Sie war weißhaarig, mit einer guten Haltung – eine Dame nach Rabeas Geschmack, eine Person, der sie nur das Allerfeinste vorsetzte. Es ist nicht so, dass sie das nicht immer anstrebt; es bereitet ihr Freude und Genugtuung. Nur diesmal kam zu dem Vergnügen auch ein gewisser Ehrgeiz hinzu.
Als Rabea nach den vorzüglichen Speisen zum Abschluss den Kaffee eigenhändig servierte, fiel ihr beim Ausgießen ein seltsamer Geruch auf. Sie hat ohnehin was von einer Stute, und es fällt mir leicht, mir das edle Gesicht mit den geblähten Nüstern in Erinnerung zu rufen, wie sie Witterung aufnahm, einen unpassenden Geruch, Gefahr im Verzug … Sie entfernte das Glas und die Kanne aus der Reichweite ihrer Gäste und ging mit Stechschritt in die Küche. Dort saß die liebe Aisha und blickte befangen zu Boden, murmelte auf die Frage, wer den Kaffee gemacht hatte, nur: »Zora hat ihn gemacht.«
Zora sah ihr mit glühenden Augen ins Gesicht, das Kinn vorgereckt und entgegnete: »Mit dem Kaffee ist alles in Ordnung.«
Ihrem Gefühl folgend füllte Rabea in einem kleinen Nebenraum der Küche etwas von dem Kaffee ab, bestellte neuen und brachte den ersten Kaffee gleich nachdem die Gäste gegangen waren in das Labor einer befreundeten Apothekerin. Schon wenige Stunden später stellte Rabea die liebende Zora zur Rede. Diese Auseinandersetzung fand unter schrillen Schreien und mit einer knienden Zora statt, die zumindest jetzt die Gelegenheit ergriff, Rabeas Schenkel zu umarmen und ihr Gesicht an den Schoß der schönen Herrin zu drücken. Rabea zog sie an den Haaren.
»Was war in dem Kaffee?«
»Es kann nur Putzmittel gewesen sein.«
»Du weißt genau, was es war. Gib es zu, oder ich zeige dich an. «
Die Wahrheit ist rührend und traurig. Und auch komisch. Im Kaffee war Zoras Urin. Sie hatte sich von einer «Jujufrau» beraten lassen, und diese hatte ihr das Geheimnis verkauft; es sei das einzig sichere Mittel, um Rabea endlich zu gewinnen. Sie in sich verliebt zu machen. Hätte Rabea ihren Urin getrunken, wäre sie für immer Zoras Geliebte geworden, für immer und ewig. So hatte es ihr die Zauberin versprochen. (S. 36 – 39)
Die Stadt mit ihren verwinkelten Gassen, bunten Basaren und der orientalischer Gastfreundschaft, der weite Himmel, das Meer und die sinnlich kommunikative Schönheit der arabischen Frauen. All dies hält Christine in einer dauererotisierten Stimmung, sie schwebt, tanzt und begehrt, fühlt sich eigenartig aufgehoben in dieser eher archaischen Gesellschaft, die noch nach Geschlechtern trennt. Frauenräume und Männerräume, Freundschaft hat noch eine Bedeutung und die Ehe ist wohl meisten mehr arrangiert als eine pure Liebesentscheidung. Sie erkennt die sinnliche Bindung der Frauen aneinander, kriegt aber den Spagat zum eventuellen sexuellen Begehren nicht hin. (Wo sie doch über die vielen schwulen Männer/Künstler, die sich seit jeher in Tanger niedergelassen haben ganz freimütig berichten kann.) Sie ordnet die Sexualität dem Manne zu und hat wohl (wie wir wohl fast alle) bei dem Begriff lesbisch mehr kerlig kurzhaarige Gestalten vor dem inneren Auge als diese schönen Frauen, die ihr in Tanger so gefallen. So aber sublimiert sie ihre erotisch-sinnlichen Empfindungen dann mehr in Esoterik, was auch ihre späteren etwas seltsamen Bücher über „Schönheit, Zen und Meditation“ erklären könnten:
Ich tanzte schon um sieben Uhr morgens alleine im Garten oder auf der Terrasse. Alle Sinne waren hellwach oder bekamen ständig Nahrung. Es erotisierte. Man muss sich vorstellen, dass hier keine Welt ist, in der man so viele Bilder an den Wänden und in den Kiosken sieht, dass der echte Mensch, die berührbare Schönheit einer Frau, sekundär wird. Wenn man von dem Blick einer schönen Frau gestreift wird, ist dies eine lebendige Person.
Eine schöne Frau, die einen liebend betrachtet, oder ein Mann, der intensiv schaut, ist weder ein Plakat oder Titelbild, sondern ein lebender Bestandteil der Wirklichkeit. Diese steht nie still. Die Flüchtigkeit des Augenblicks bestimmt die Intensität der Eindrücke.
Erst aus der Ferne entpuppt sich das Vertaute und Nahe. Erst wenn man in einer anderen Welt lebt, wird die Störung der Bilderwelt auf das sinnliche Empfinden offensichtlich. Nicht terrorisiert durch diese zweite Dimension der Wirklichkeit, entsteht ein ganz anderes Selbstbewusstsein, ein anderes Empfinden für das Begehren und Begehrtwerden. (S. 65)
Freundschaft, Sinnlichkeit, Liebe, Sex und Begehren. Ehe, Arbeit, wirtschaftliche Unabhängigkeit und geistig spirituelle Freiheit. Begriffe, die Frauen heute für sich entwirren, interpretieren oder neu erfinden müssen. Bei der (romantischen) Frauenfreundschaft wieder anzufangen halte ich aber nicht für die schlechteste aller Ideen – um von dort aus sich langsam in Richtung Sexualität fortzubewegen…
Liebe Taliana,
Es fällt einem schwer sich Sexualität mit einer anderen Frau vorzustellen, da Frauen meistens nicht aktiv sind. Deswegen meintest Du ja, dass die Frau, mit der Du dich sexuell einlassen würdest, androgyn sein müsste, da dies Aktivität (wenn auch in der Männerrolle) verspricht.
Mir fällt auch auf, dass Du Liebe und Sexualität sehr stark trennst. Ich möchte Dir dazu eine Geschichte von mir erzählen:
Ich hatte eine Gesangslehrerin, die ich sehr verehrt habe. Sie war eine ziemliche Diva und hat, da sie Amerikanerin ist, immer viel körperliche Nähe zwischen uns zugelassen. Ich war richtig in sie verliebt, konnte mir aber den Sex mit ihr nicht vorstellen (das hätte irgendwie ihre „Göttlichkeit“ in Frage gestellt), da sie auch sehr viel älter war und ich moralische Bedenken usw. hatte. Eines Tages wollte ich sie ein bißchen aus der Reserve locken und habe mit ihr auf eine sexuelle Art und Weise geflirtet (sie meinte, sie hätte vom stützen beim singen ganz straffe Beine und ich habe sie gefragt, ob ich das mal nachfühlen könnte). Sie reagierte sehr verwirrt, doch in der Stunde darauf hatte sie sich vorbereitet. Sie wollte mich „zurückärgern“ und mich schockieren. Sie erzählte mir von allen sexuellen Dingen, die sie schon auf der Bühne gemacht und erlebt hatte. Der Höhepunkt war, als sie sich einmal kurz zwischen den Beinen streichelte um mir dies dann auch körperlich vorzuführen (Sänger gehen immer gerne in irgendwelche Rollen um anderen etwas mitzuteilen). Sie erzählte mir außerdem, dass sie es sich selbst machen würde und schaute mich lange dabei an.
Das hat mich in der Woche darauf dann so sehr rausgehauen, dass ich sogar einen Dienst an der Oper vergessen habe. Ich fing an, zum ersten Mal in meinem Leben, eine Frau nicht nur zu verehren, sondern sie auch zu begehren. Die Gefühle, die ich hatte waren so stark und intensiv und haben mich, obwohl mir schon lange klar war, dass ich Frauen liebe, sehr verwirrt und auch beängstigt.
Was ich damit sagen möchte – eine Frau zu begehren ist ein Prozess, der viel Zeit braucht, wenn man bereit ist, sich darauf einzulassen und ein bißchen die eigene Vorstellungskraft miteinbringt. Sex mit dem Mann und Liebe mit der Frau zu haben ist ein Schutzmechanismus für einen selbst, damit man sich ohne schlechtes Gewissen in die Frauen verlieben kann.
das ist wirklich eine schöne erfahrung, die christine kaufmann da gemacht zu haben scheint.
aber mal wieder muss ich sagen, dass das nicht gleich darauf schließen lässt, dass kaufmann selbst dabei lesbische gefühle entwickelt hat! diese zora wohl eindeutig, aber kaufmann deswegen noch lange nicht!
ich glaube ihr interpretiert das oft rein, weil ihr euch kaum wirklich vorstellen könnt, dass irgendjemand NICHT sexuell von frauen angezogen sein könnte! deswegen interpretiert ihr das überall rein.
ist bei mir so ähnlich, nur anders rum, ich kann kaum glauben, dass man körperlich mehr auf frauen als auf männer stehen kann, deswegen ordne ich alle, die zum beispiel bisexuelle neigungen haben so ein, dass sie ja eigentlich doch VIEL mehr auf männer stehen, weil es mir nicht in den kopf will, wie das nicht so sein sollte. ich red mir oft ein, dass ich körperlich auch auf frauen stehen kann, weil ich mir in zwischenmenschlichen dingen eine beziehung mehr mit frauen vorstellen kann, aber es stimmt einfach nicht, männer ziehen mich körperlich einfach viel mehr an als frauen, das müsste schon ein sehr androgyne frau sein oder sowas, aber trotzdem hätte ein androgyner mann die besseren karten, einfach wegen dem körper und allem was dazugehört!
was ich eigentlich sagen wollte, ist eben, dass ihr auf grund eures lesbisch seins usw. euch das gar nicht anders vorstellen könnt, dass jemand nicht auf frauen steht. und von wegen, jede, die das nicht tut, weiß nur noch nichts davon usw…. das ist aber nun mal (leider) schwachsinn! ich bin das beste beispiel dafür! frauen könnten mich körperlich NIEMALS so anziehen wie männer, auch wenn durchschnittliche männer natürlich zwischenmenschlich nicht so gut zu mir passen evtl. wie eine frau. aber das nennt sich dann wohl doch eher BESTE FREUNDIN, nicht feste beziehung oder dergleichen. fast eine beziehung, aber eben OHNE sexuelle anziehung! und so könnte es bei christine kaufmann auch gewesen sein, große verbundenheit, platonische liebe OHNE sexuelle anziehung!! und zwar nicht, weil sie es sich nicht eingestehen will, sondern weil sie einfach nicht da ist!
aber ansonsten auf jeden fall schöne erlebnisse, die sie da gemacht zu haben scheint!
@Taliana
Die Grenzen zwischen Freundschaft, Sinnlichkeit und Begehren sind fließend, und das zeigt dieser Text auch sehr schön. Und uns geht es auch darum, dieses Labels Lesbisch-Hetero etwas aufzubrechen weil sie Frauen voneineander trennnen. Ich denke, dass diese Zora (wie ich es schon in dem Text erwähnt habe) sich einfach mehr getraut hat, weil sie etwas einfach war und daher nicht so von kulturellen Tabus beeinflusst. Und ich denke auch, dass die Christine so einige Sachen und unausgesprochenen Hinweise einfach nicht so mitbekommen hat, weil sie selbst zu gut erzogen und daher heterozentriert und den Sex daher immer nur dem Mann zuschreibt. Z. B. die Szene im Bad mit der Bediensteten, die dann immer reinkam und ihr Komplimente über ihren Körper machte… Ich sage nur: Man kann Dienstleistung und Massage auch ausweiten… Ich habe selbst zwei Jahre in einem arabischen Umfeld verbracht und da auch so meine entsprechenden Erfahrungen gemacht.
Aber eigentlich steht das alles was ich hier schreiben in meinen Interpretationen zu den Textstellen aus Christianes Buch drin. Es ist halt ein Umdenken erforderlich. Und nein es sind nicht alle Frauen frauenliebend, aber sehr, sehr viele- und oft zeigt es sich erst jenseits der 40, weil einerseits der gesellschaftliche Druck Hetero zu seine zu groß ist- und andererseits vielen sich mit der sogenannten Lesbenszene kaum identifizieren können. Manch Frauen sind hetero und lieben Männer, ihren Körper und ihr Wesen- aber ein großer Teil von Frauen hat auch kein richtiges Begehren. Aber wenn du zu denjenigen Frauen gehörst, die Männer mögen, warum liest du dann so viel auf unserer Seite rum?
Und P.S: Das Buch von Christine quillt übrigens über vor (unausgelebtem) sexuellen Begehren…
aber ich denke einfach sexuelles begehren ist einfach da, oder eben nicht. ich kann mich nicht dazu zwingen frauen sexuell zu begehren, wenn ich es nicht tue.
so kommt es mir bei euch zeitweise vor, dass ihr „lernen“ musstet frauen körperlich anziehend zu finden, aber ist da dann nicht schon der fehler? wenn man zwanghaft versuchen muss einen körper zu begehren? ich denke wenn man lesbisch ist, so hab ich das zumindest oft gehört, begehrt man von vornherein und ganz selbstverständlich auch sexuell frauen und nicht männer. woher wusstest du denn, dass du lesbisch bist, wenn du zuvor noch nicht mal eine frau wirklich begehrt hast? das verstehe ich nicht.
und ja es stimmt, dass ich sehr stark zwischen liebe und sex trenne, bzw. zwischen emotionalen bindungen und sexueller anziehungskraft. ich hatte noch nie einen mann, dem ich mich emotional sehr verbunden gefühlt habe, bzw. den ich wirklich geliebt habe, auf der anderen seite kenne ich aber keine frau, die mich sexuell anspricht, auch wenn wir emotional sehr eng miteinander sind. der körper spricht mich einfach nicht an, vielleicht tatsächlich weil man mit ihm die weibliche passivität in verbindung bringt, aber es ist ja wirklich so, dass die meisten frauen ja auch tatsächlich einfach so sind, und das macht mich eben nicht an. eine androgyn wirkende frau hat mehr sexuelle anziehung auf mich, einfach schon wegen der art und so weiter. aber trotzdem macht mich ein völlig männlicher körper mehr an.
ihr habt schon recht, frauen haben dieses begehren oft nicht, aber ich glaube, dass das nicht erlernbar ist, sondern sie begehren es eben, von männern vielleicht auch frauen begehrt zu werden. aber frauen, die tatsächlich begehren gibt es sehr wenige, glaube ich. und wie gesagt, meiner meinung nach ist das nicht erlernbar, sondern man hat es, oder eben nicht.
habt ihr nicht manchmal das gefühl, dass ihr euch verstellen müsst, wenn ihr frauen körperlich begehren wollt?
ich von meiner seite kann sagen, dass ich männer sexuell begehre, frauen nicht. mit frauen ist man aber emotional mehr verbunden als mit männern! kann natürlich auch sein, dass ich einfach noch nicht den richtigen mann gefunden habe.
ach ja, ich bin auf diesen seiten, weil ich mich aus persönlichen gründen sehr viel mit verschiedenen arten der sexualität beschäftige. mit schwulen genauso, wie mit lesben und transsexuellen! und auch, weil ich eben merke, dass bei mir irgendwas schief läuft zwischen liebe und sexualität, dass das irgendwie nicht zusammenzupassen scheint.
@ Taliana,
bring es doch einfach mal mit der Geschichte in Zusammenhang – dass Frauen Männer begehren (sollen) und überhaupt eine Sexualität haben, den Gedanken gibt es doch erst seit Anfang des 20. Jahrhunderts. Und lass dich auch nicht so von den Medien verwirren, die uns das Bild der nymphomanischen für alle Männer immer verfügbaren Frau verkaufen. Die Realität ist eine andere – dass die meisten Frauen den inneren Orgasmus nicht kennen, dass viele überhaupt keinen bekommen usw. – wenn die Sexualität bei Frauen so lange unterdrückt worden ist und noch wird, ist es doch klar, dass es keine angeborene Sache ist, auf welches Geschlecht man steht. Es gibt eher einen Zwang auf Männer zu stehen, als auf Frauen, das ist ja wohl klar und von der Gesellschaft so gewollt, da Männer die Energie/Liebesfähigkeit von Frauen ausbeuten um Kulturleistungen zu schaffen.
Und ja, du hast recht, es gibt selten Frauen die aktiv begehren, vielleicht hängt es mit der inneren Unterdrücktheit der Frauen hier in Deutschland (und im Westen allgemein) zusammen, denn ich habe bei muslimischen Frauen es schon öfters beobachtet, dieses mehr auf Frauen körperlich und emotional bezogen sein. Und vor allem jüngere Frauen sind total damit beschäftigt, wie sie aussehen, ob sie bei Männern ankommen usw., so dass sie gar nicht in der Lage sind, auf andere Frauen näher einzugehen.
Mit lernen meine ich, dass man etwas bei einer anderen Frau beobachtet und nachmacht, weil es sich gut anfühlt. Schaue dir doch z. B. mal die girlfriedsfilms an:
https://femininelesbians.wordpress.com/2010/01/05/noch-ein-porno/
Da bekommt man ja eine ganz gute Vorstellung von dem Gefühl. Ich kann dir rein theoretisch auch nicht mehr dazu sagen, da wir da nicht weiterkommen ;-)
Ach ja zu meinem Coming-Out – ich habe den weiblichen Körper schon sexuell mehr begehrt als den männlichen, erst unbewusst und dann immer bewusster. Dass ich deswegen lesbisch sein sollte, habe ich lange nicht eingesehen, das Gefühl, was ich hatte, war immer, dass es irgendetwas anderes ist, wofür es keine Worte gibt. Es ist ein Gefühl, welches nur bei ganz bestimmten Frauen entsteht (meistens älter und sinnlich/mütterlich), und es existiert nur verdeckt in dieser Welt. Die Menschen beobachten es manchmal bei Frauen, aber sie reden nicht darüber, weil es Tabu ist. Das schlimme ist, wenn eine Frau ein Coming-Out hat, dass das Umfeld dies meistens negiert und nicht darüber gesprochen wird. Es wird vehement geleugnet.
Ich habe durch Claudia es zum ersten Mal auch als Lesbischsein akzeptiert, da sie für mich ein Vorbild war (älter, attraktiv und nicht Szene). Durch sie und diese Seite habe ich gelernt, meine „Schwärmereien“ für Frauen immer ernster zu nehmen und dann habe ich mich langsam getraut aktiv auf diese Frauen zuzugehen. Und sie lassen das jetzt langsam (seit ich auch etwas erwachsener geworden bin) zu meiner Überraschung zu, als hätten sie ihr ganzes Leben darauf gewartet (wenn auch mit vielen Ängsten verbunden). Es ist einfach ein langer Prozess, der auch bei mir immer noch andauert.
Hmm… vielleicht werde ich mal einen Artikel darüber schreiben, wie man als Frau auf eine Frau zugeht, die man mag/begehrt und sich als romantische Freundin (mit später eventuell auch Sex) wünscht…
Bei mir war das Herz und das Begehren noch nie wirklich getrennt gewesen. Aber damit war ich wohl immer eine Ausnahme. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie ich mich mit ca. 16 Jahren darüber beklagte, dass ich nie die Frauen bekommen würde, in die ich mich verliebte, die ich so sehr begehrte. Die meisten meiner Freundinnen haben mich nicht verstanden. Sie schauten mich ausdruckslosen Augen an und fragten mich, was denn daran so schlimm sei…
Und ich hingegen verbrannte innerlich vor Leid und Leidenschaft und konnte mich ihnen nicht artikulieren. Was daran so schlimm war? Alles. Es hing wirklich alles daran ob ich Liebe finden würde, eine Liebe, die ich auch seelisch-körperlich (zurück)begehrte. Die ganze Welt würde sich dann für mich öffnen und bunter werden, die Vögel schöner singen und die Sonne für immer und ewig scheinen…
Und eine Frau hatte sie gefälligst für mich zu öffnen, diese neue Welt, die nur für mich und meinesgleichen gemacht war. Eine neue Welt, ein neues Leben und ein gänzlich anderes Sein…
Das verstand ich damals mit 16 unter Liebe und Leidenschaft, und ich trennte in keinster Weise zwischen dem Körper, der Seele, dem Geist und der Welt. Ich wollte eine Mutter haben, eine Freundin, Schwestern und eine Gefährtin; eine Tänzerin und eine Sängerin mit weicher Haut und einem wissenden Blick mit kleinen Fältchen um die Augen. Ich wollte eine Frauenwelt-wohlwissend, dass diese Vorstellung nur eine pubertäre Utopie war. Und doch wäre ich beinahe gestorben dafür- für diese 16 Jahre alte, junge Utopie…
Und irgendwann viel früher hatte ich schon mal die Selbstbefriedigung entdeckt. Zuerst mit der Hand, dann mir einem Gegenstand und sehr, sehr viel später kaufte ich mir mal einen Dildo… Ich fantasierte zunächst nur von Männern, auch wenn ich sie in keinster Weise liebte und meine realen Erfahrungen mit ihnen sich auf ein praktisches Minimum beschränkten. Aber die Vorstellung, dass der Mann (und nur er alleine!) für den Sex bei einer Frau zuständig sei, blieb selbst bei mir lange haften… Etliche Erfahrungen mit Frauen und viele gute lesbische Pornos später (zb Girlfriends Films: http://www.girlfriendsfilms.com/) brachte mich aber zum Umdenken und Umfühlen…. (Bzw konnte ich endlich Gefühle und Sexualität irgendendwie mehr zusammenbringen.)
P.S.: Habe nach erneutem Durchlesen meines Kommentares festgestellt, dass Liebe, Leidenschaft und Sex bei mir doch irgendwie getrennt waren. Hm, habe die Frauen aber trotzdem körperlich begehrt und wollte ihnen „an die Wäsche gehen“ und ihr Geruch hat mich manchmal fast um den Verstand gebracht. (Natürlich nur wenn ich in die entsprechende Frau sehr verliebt war.) Scheint wohl ein recht kompliziertes Thema zu sein…Frauen, Liebe, Leidenschaft und körperlicher Sex…
Zitat von Taliana:
“ der körper spricht mich einfach nicht an, vielleicht tatsächlich weil man mit ihm die weibliche passivität in verbindung bringt, aber es ist ja wirklich so, dass die meisten frauen ja auch tatsächlich einfach so sind, und das macht mich eben nicht an. eine androgyn wirkende frau hat mehr sexuelle anziehung auf mich, einfach schon wegen der art und so weiter.“
@Taliana
Es ist ein überflüssiges Vorurteil, von einer bestimmten optischen Erscheinung (= feminin/weiblich) auf bestimmte Persönlichkeitsmerkmale (Passivität) zu schließen.
Nach der gleichen Logik funktioniert das Vorurteil, dass Blondinen besonders dumm sind und das glaubst Du doch auch nicht. Oder?
Manchmal ist sogar das Gegenteil der Fall.
Was Deine Annahme von feminin = passiv angeht:
Aufgrund meiner sehr femininen Optik war es für mich als lesbische Frau (sexuell & emotional gesehen ;o) immer „überlebensnotwendig“ AKTIV zu sein. Das bezieht sich vor allem auf die Phase der Kontaktaufnahme. Da man als feminine Frau weder in der Szene noch im Alltag als frauenliebend identifiziert wird, ist es um so notwendiger, von sich aus AKTIV auf andere Frauen zuzugehen und die eigenen Bedürfnisse zu signalisieren. Sonst bleibt man für immer allein.
Wäre ich heterosexuell, könnte ich mich auch völlig passiv geben und mir von den Männern, die einen im Alltag angraben, einfach einen aussuchen. Es könnte funktionieren. Als feminine Lesbe/Femme geht das NICHT, da ja keine auf die Idee kommt, mich anzumachen. Insofern kommt zu Deinem Problem, dass Du vom Aussehen auf innere Eigenschaften schließt noch hinzu, dass Du AUSSCHLIEßLICH von heterosexuellen Menschen ausgehst. Aber GERADE DAS ist in diesem Blog NICHT der Fall.
Deine Argumentation, dass hier an mancher Stelle lesbische Gefühle unterstellt werden, wo mit Sicherheit keine sind, finde ich plausibel. Ich teile diese Ansicht,
verstehe jedoch trotzdem nicht, warum Du ausgerechnet in einem Blog, wo über Liebe zwischen Frauen geschrieben wird, zig Mal betonen musst, wie heterosexuell Du bist und warum Du Dich auch wirklich definitiv NICHT zu Frauen hingezogen fühlst.
Manchmal habe ich das Gefühl, dass es mit einigen (NICHT allen !!!) Heterosexuellen ist wie mit Hunden, die überall ihre Duftmarken hinterlassen müssen. Selbst bei der Hochzeit eines Frauenpaares sah ich im Standesamt direkt vor dem Frauenpaar (und hinter der Standesbeamtin) ein fast lebensgroßes Bild eines heterosexuellen Brautpaares hängen. Gemeinsam mit den häufigen Versprechern der Standesbeamtin, die sich verbal nicht auf zwei Bräute einstellen konnte, wurde selbst bei der Trauung zweier Frauen eine fette heterosexuelle Marke hinterlassen.
Sehr interessanter Vortrag über gleichgeschlechtliche Liebe im Orient!
http://gendercamp.posterous.com/homorientalismus-audio-mitschnitt-0
Er erzählt über die romatischen Freundschaften zwischen Männern, und dass sie in der arabischen Welt z.T immer noch existieren. Und dass die Identität der Homosexualiät erst im 19. Jh entstanden ist und mit ihr auch die Gleichsetzung vom weiblicher und männlicher Homosexualität/gleichgeschlechtlicher Liebe. Also die Entstehung der Identiät des „modernen Schwulen“ und der „modernen Lesbe“. Und auch wie/dass die moderne homosexuelle Identität männerliebenen Männer zu gesellschaftlichen Außenseitern macht. Bei frauenliebenden Frauen ist es etwas anders, weil Frauen eh nicht zur Gesellschaft dazugehört haben, erst mit einer männlichen Identität, und da sind wir fast schon bei der kerligen Lesben und modernen Homosexuellen…
Und in dem Vortrag wird auch klar, dass frauenliebende Frauen sich eine eigene, von schwulen Männern unabhängige Identität schaffen müssen.
Das Wort Homosexualität ist übrigens ein medizinischer Terminus, der in Deutschland geprägt wurde.